Ernährungsforscher Uwe Knop gegen Essvorschriften
«Kinder brauchen kein Gemüse!»

1500 Studien über Ernährung hat Uwe Knop analysiert. Sein Fazit: Essensregeln für Kinder sind pure Ideologie und taugen nichts.
Publiziert: 09.09.2017 um 21:38 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 21:10 Uhr
Es muss nicht immer Gemüse sein: Pasta ist für Kinder voll okay.
Foto: Westend61
Interview: Christiane Binder

In seinem neuen Buch rät der Ernährungswissenschafter Uwe Knop: «Kind, iss was ... dir schmeckt!» Warum das besser ist als Ernährungsvorschriften, erklärt er im BLICK-Interview.

BLICK: Was mache ich, wenn mein Kind nur Würstchen und Spaghetti essen will?
Uwe Knop: Nichts. So lange es dem Kind gut geht, lassen Sie es.

Aber dann wird es doch falsch ernährt?
Es gibt in der Wissenschaft keinen Fall, wo Kinder mangelhaft ernährt waren, weil sie eine Weile lang immer das Gleiche gegessen haben. Manche Kinder haben wochenlange Phasen, wo sie nur etwas Bestimmtes essen. Ihr Körper weiss intuitiv, das ist gute Energie. Bleiben Sie locker. Holen sie sich keinen Stress ins Haus, wo keiner ist.

Und wenn das Kind zu dick ist?
Ich zitiere Ihnen das Ergebnis zweier unabhängiger, ganz aktueller Studien aus den USA und Wales. Die Forscher untersuchten den Konsum von gezuckerten Softdrinks, Süssigkeiten, Fast Food sowie von Obst und Gemüse. In beiden Studien konnte kein signifikanter Zusammenhang zwischen kindlicher Fettleibigkeit und Ernährung gefunden werden. Die Studien zeigen, dass die von Ernährungsideologen propagierte Angstformel ‹Cola, Süssigkeiten und Fast Food machen Kinder dick› aus wissenschaftlicher Sicht nicht haltbar ist. Hinzu kommt: Die Kinder aus anderen Studien, die die meisten Süssigkeiten assen, hatten den niedrigsten Body Mass Index (BMI).

Aber es heisst doch, bei uns wachse eine Generation der dicken Kinder heran?
Auch dazu gibt es Studien: 70 bis 80 Prozent der Kinder sind normal schlank, zehn Prozent zu dünn und nur vier bis acht Prozent fettleibig.

Und warum wird dann so etwas behauptet?
Damit Politiker und Funktionäre sich im Lichte entsprechender Kampagnen in der Öffentlichkeit sonnen können: Schaut her, wir kümmern uns um die dicken Kinder, sodass sie wieder schön schlank werden. Purer Populismus, nicht mehr.

Auch wenn es wenige sind – warum sind diese Kinder so dick?
Das weiss niemand. Aber was man weiss: Man findet sie vor allem in sozial schwachen Schichten mit Migrationshintergrund. Aber weil es politisch nicht korrekt wäre, bei ihnen ganz gezielt mit Kampagnen anzusetzen, macht man Kampagnen für alle. Auch der BMI der Mutter spielt übrigens eine Rolle.

Und wenn mein Kind zu dick ist?
Das muss ein Ernährungsmediziner im Einzelfall feststellen. Die Frage lautet: Warum sieht das Kind so aus? Tröstet es sich mit Essen, weil es vielleicht in der Schule gemobbt wird? Ist die Mutter schlank oder dick? Ist es ein Kaiserschnittkind, das nicht gestillt wurde? Leidet das Kind vielleicht unter einer Stoffwechselstörung? Nimmt es Medikamente? Ernährungsstudien über Kinder sagen über die Gründe fürs Dicksein überhaupt nichts aus, sie liefern nur vage Korrelationen für wilde Spekulationen.

Reicht es nicht, einfach die Schokolade zu verbieten?
Völlig falsch. Diäten sind die Einstiegsdroge in Essstörungen. Das Reglementieren erzeugt nur ein noch grösseres Bedürfnis danach, verbotene Dinge zu essen.

Trotzdem: Brauchen Kinder kein Gemüse?
Es gibt kein erlei Daten, die belegen, dass Kinder, die wenig Gemüse und kaum Rohkost essen, krank werden. Ihr Körper sagt ihnen, was ihnen gut tut. Lassen Sie sich vom Wohl ihres Kindes leiten – und nicht von ihrem schlechten Gewissen.

Keine strenge Reglementierung

Süsses und Fast Food streng rationieren?

Bringt nichts. Auch als «böse» Gebrandmarktes ist ganz normales Essen und gehört auf den Speiseplan, wenn das Kind es mag. Ein entspannter Umgang verhindert ungehemmten Konsum von Verbotenem.

Süsses und Fast Food streng rationieren?

Bringt nichts. Auch als «böse» Gebrandmarktes ist ganz normales Essen und gehört auf den Speiseplan, wenn das Kind es mag. Ein entspannter Umgang verhindert ungehemmten Konsum von Verbotenem.

Dann braucht ein Kind also keine Ernährungsanleitung?
Ernährungserziehung funktioniert nur dann, wenn Sie Ihrem Kind Vielfalt anbieten. Es muss wählen und immer etwas Neues probieren können. Auch sollte es eingebunden werden in den Prozess der Lebensmittelzubereitung. Wie sieht ein Blumenkohl aus und wie schmeckt er? Dann ist das kein Problem, wenn es Ihren schönen Gemüseauflauf verschmäht und nur die Fischsstäbchen isst. Sein Körper weiss, was es braucht.

Kann man Kinder vegan ernähren?
Klare Antwort: nein. Vegane Ernährung bringt Kindern keinerlei Nutzen, birgt aber ein hohes Risiko, dass das Kind in der Wachstumsphase irreversible Schäden erleidet. Kinder sollte man davon fernhalten, da es ihr intuitives Essverhalten stört.

Der Ernährungsprofi

Uwe Knop (45) bricht mit den gängigen Klischees von gesunden und ungesunden Lebensmitteln.

Er hat an der Universität in Giessen Ernährungswissenschaft studiert und war lange in der Medizin-PR tätig.

2010 fing er an, populäre Sachbücher über Ernährung zu schreiben. Sein neustes Buch «Kind, iss was ... dir schmeckt!» ist soeben im Verlag Plassen erschienen und im Handel für Fr. 18.90 erhältlich.

Uwe Knop (45) bricht mit den gängigen Klischees von gesunden und ungesunden Lebensmitteln.

Er hat an der Universität in Giessen Ernährungswissenschaft studiert und war lange in der Medizin-PR tätig.

2010 fing er an, populäre Sachbücher über Ernährung zu schreiben. Sein neustes Buch «Kind, iss was ... dir schmeckt!» ist soeben im Verlag Plassen erschienen und im Handel für Fr. 18.90 erhältlich.

«Der Mensch ist ein Allesfresser»

Vegane Ernährung kann gesund sein, wenn sie richtig umgesetzt wird. Industriell hergestellte vegane Produkte sind oft sehr stark verarbeitet, um sie geschmacklich aufzubessern. Es lohnt sich, die Zutatenliste zu beachten und am besten selbst zu kochen, weiss Ernährungs-Coach Verena Wissmann.

BLICK: Für wen eignet sich vegane Ernährung nicht?
Verena Wissmann: Aus meiner Erfahrung eignet sie sich nicht für Kinder, Schwangere und stillende Frauen sowie chronisch Kranke. 

Welche Mangelerscheinungen können auftreten?
Das Vitamin B12 fehlt. Besonders bei Frauen kann es auch deshalb zu Eisenmangel kommen. Hier spielt das Wissen um die richtige Auswahl der Lebensmittel eine grosse Rolle. Grundsätzlich empfehle ich alle sechs bis zwölf Monate eine Kontrolle der Blutwerte.

Was müssen Veganer zu sich nehmen, damit keine Mangelerscheinungen auftreten?
Viel Vollkornprodukte, Nüsse, möglichst saisonales Obst und Gemüse. 

Weshalb raten Sie zu veganer Ernährung und weshalb davon ab?
Es ist immer eine Frage der Beweggründe. Meist werden das Tier oder der Umweltschutz als Gründe angegeben. Das respektiere ich. Aber aus gesundheitlicher Sicht ist eine Ernährung mit einem Anteil an tierischen Produkten empfehlenswerter. Der Mensch ist ein Allesfresser, das ist die natürliche Ernährung, die wir gewohnt sind.

«Aus gesundheitlicher Sicht ist eine Ernährung mit einem Anteil an tierischen Produkten empfehlenswerter.» Ernährungs-Coach Verena Wissmann (38)
«Aus gesundheitlicher Sicht ist eine Ernährung mit einem Anteil an tierischen Produkten empfehlenswerter.» Ernährungs-Coach Verena Wissmann (38)
Keystone

Vegane Ernährung kann gesund sein, wenn sie richtig umgesetzt wird. Industriell hergestellte vegane Produkte sind oft sehr stark verarbeitet, um sie geschmacklich aufzubessern. Es lohnt sich, die Zutatenliste zu beachten und am besten selbst zu kochen, weiss Ernährungs-Coach Verena Wissmann.

BLICK: Für wen eignet sich vegane Ernährung nicht?
Verena Wissmann: Aus meiner Erfahrung eignet sie sich nicht für Kinder, Schwangere und stillende Frauen sowie chronisch Kranke. 

Welche Mangelerscheinungen können auftreten?
Das Vitamin B12 fehlt. Besonders bei Frauen kann es auch deshalb zu Eisenmangel kommen. Hier spielt das Wissen um die richtige Auswahl der Lebensmittel eine grosse Rolle. Grundsätzlich empfehle ich alle sechs bis zwölf Monate eine Kontrolle der Blutwerte.

Was müssen Veganer zu sich nehmen, damit keine Mangelerscheinungen auftreten?
Viel Vollkornprodukte, Nüsse, möglichst saisonales Obst und Gemüse. 

Weshalb raten Sie zu veganer Ernährung und weshalb davon ab?
Es ist immer eine Frage der Beweggründe. Meist werden das Tier oder der Umweltschutz als Gründe angegeben. Das respektiere ich. Aber aus gesundheitlicher Sicht ist eine Ernährung mit einem Anteil an tierischen Produkten empfehlenswerter. Der Mensch ist ein Allesfresser, das ist die natürliche Ernährung, die wir gewohnt sind.

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