Es klingt unglaublich. Als Patient Werner L.* (†67) an Krebs stirbt, erbt die Pflegerin B. L.* sein Einfamilienhaus. Sie verkauft es noch am gleichen Tag. Erbschleicherei im Spital? Denn im November 2015 arbeitet B. L. im GZO in Wetzikon ZH. Und Werner L. ist dort Patient. Obwohl laut Reglement so grosse Geschenke von Patienten und Pfleger nicht erlaubt sind, sieht Spitaldirektor Matthias Spielmann (55) in diesem Fall keinen Handlungsbedarf. «Das Testament wurde im April 2012 notariell beglaubigt, als Frau L. noch nicht im GZO Spital angestellt war», sagt er im Interview (BLICK berichtete).
Zum Zeitpunkt der Ausstellung des Testaments arbeitete die Pflegerin im Spital Zollikerberg ZH. Dort hatte sie 2010 Patient Werner L. kennengelernt. Dreimal pro Woche war er bei der Pflegerin in Behandlung.
«Sie kannten sich zweifelsohne schon zu diesem Zeitpunkt»
Die Direktorin des Spitals Zollikerberg, Orsola Vettori (58), bestätigt: «Frau B. L. hat Herrn L. bei uns am Spital zeitweise als Dialysepflegerin betreut. Deshalb haben sich die beiden zweifelsohne schon zu diesem Zeitpunkt gekannt.»
Aber von dem Testament wusste niemand etwas. «Weder der Leitung der Dialysestation noch anderen Mitarbeitenden ist aufgefallen, dass zwischen den beiden Personen etwas anderes als ein fachlicher Bezug bestehen könnte», sagt Vettori. Auch sonst seien der Leitung der Station keine Vorkommnisse bekannt, in der sich B. L. nicht professionell verhalten hätte.
Geldwerte Geschenke dürfen nicht angenommen werden
Eine Bewertung des Vorfalls will sich die Direktorin nicht anmassen. «Wir haben an unserem Haus eine klare Regelung bezüglich Umgang mit Zuwendungen Dritter wie Patienten, Angehörigen oder Lieferanten.» Geldwerte Geschenke dürften nicht angenommen werden, ausser kleinere Geldgeschenke von Patienten oder Angehörigen. «Diese sind den Vorgesetzten abzugeben. Sie werden für Teamausflüge verwendet und auf den Rappen abgerechnet», sagt Vettori.
Als BLICK den Dachverband der Spitäler mit dem Vorfall konfrontiert, winkt dieser ab. «Es liegt in der Verantwortung der einzelnen Spitäler, die Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen sicherzustellen, und ist Aufgabe der zuständigen Aufsichtsbehörden, bei Bedarf Abklärungen zu treffen», sagt der Vizepräsident Matthias Mühlheim.
* Namen der Redaktion bekannt