Es sollten nur drei Tage Ferien werden: Für eine angebliche Hochzeit reist Zain T.* (48) im Sommer 2009 mit seiner Schweizer Frau und den vier Kindern in den Libanon. Für die beiden Töchter (damals 13 und 16) wurden aus den drei Tagen 19 Monate: «Papa hat uns in den Libanon entführt!» Gestern stand Zain T. vor dem Kreisgericht Rheintal SG.
11. September 2009: Die Familie steigt ins Flugzeug nach Beirut. Am 14. September soll es zurück in die Schweiz gehen. Doch dazu kommt es nicht. Im Heimatdorf des Vaters angekommen, eröffnet er seiner Frau, sie würden bleiben – und nimmt ihr laut Anklage Pässe, Flugtickets und Handys der Kinder ab.
Rund drei Wochen später darf Mutter Barbara B.* (45) mit den beiden Söhnen (damals 11 und 17 Jahre alt) zurück in die Schweiz fliegen. Die Töchter Marjam und Anna müssen bleiben – gegen ihren Willen. Das sieht der Vater anders: «Sie wollten Arabisch lernen», sagte er gestern vor Gericht.
Stattdessen wird Marjam immer wieder vom Vater geschlagen, sie soll gar mit einem Cousin verheiratet werden. Mehrmals müssen die Mädchen zur Einvernahme in die Schweizer Botschaft. «Aber wir konnten nicht die Wahrheit sagen, weil wir so grosse Angst hatten und bedroht wurden», sagt Marjam.
Erst am 19. April 2011 gelingt es den Behörden, die Mädchen nach Hause zu holen. Noch heute leiden sie unter Angstattacken. «Wenn ich meinen Vater sehe, gibt es mir einen Stich ins Herz», sagt Marjam. Dass er für sieben Jahre ins Gefängnis muss, wie die Staatsanwältin fordert, will sie aber nicht: «Er soll in den Libanon gehen und uns für immer in Ruhe lassen.» Das Urteil folgt diese Woche.