2003 vergewaltigte der Kosovare (55) zweimal eine Frau auf brutalste Art und Weise: Er verschaffte sich Zutritt zu ihrer Wohnung und fixierte sie am Bett. Das Opfer hatte keine Chance, sich zu befreien oder sich zu wehren.
Eigentlich sollte der Straftäter und IV-Rentner in sein Heimatland ausgeschafft werden – der Kosovare stellte sich gegen den Entscheid und zog den Fall bis zum europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Mit Erfolg: Dieser entschied, dass der Vergewaltiger vorerst nicht ausgeschafft werden darf – die Schweiz muss den Fall noch einmal prüfen.
«Schweizer Behörden müssen nochmal über die Bücher»
Das Urteil des Bundesverwaltungsgericht verletze nämlich Artikel acht der europäischen Menschenrechtskonvention: Der IV-Rentner lebe mit seinen erwachsenen Kindern in der Schweiz, sei von ihnen abhängig. Eine Ausschaffung würde entsprechend gegen das Recht auf Familien- und Privatleben verstossen. Staats- und Völkerrechtlerin Fanny de Weck sagt: «Die Schweizer Behörden müssen nochmal über die Bücher.»
Wie die Schweiz mit dem Entscheid umgehen wird, ist noch unklar. Ingrid Ryser, Sprecherin des Bundesamts für Justiz sagt: «Wir werden das Urteil analysieren und prüfen, ob die Schweiz den Fall weiterziehen soll.»
CVP-Nationalrat Fabio Regazzi sagte gegenüber «20 Minuten»: «Wenn sich Leute nicht an unsere Regeln halten, müssen sie in Kauf nehmen, dass sie ausgeschafft werden können.»
«Typisch» fremde Richter
Ähnlich sieht es Zürcher SVP-Kantonsrat René Truninger. Der EGMR-Entscheid sei ein Paradebeispiel für fremde Richter. Truninger teilt das Urteil aus Strassburg auf Twitter, zahlreiche Reaktionen folgen: «Wenn ausschaffen nicht geht, versucht es doch mal mit abschieben», heisst es beispielsweise.
Grünen-Nationalrätin Sibel Arslan stellt klar: «Das Urteil bezieht sich auf die Arbeit unserer Richter. Sie haben schlicht nicht sorgfältig gearbeitet.» Es sei wichtig, dass die Schweizer Behörden den EGMR-Entscheid zur Kenntnis nehmen und ihre Arbeit in einem nächsten Schritt sorgfältig machen.
FDP-Ständerat Andrea Caroni findet es ebenfalls legitim, dass der Fall zur Prüfung zurückgegeben wurde. Er befürchtet aber, dass sich solche Fälle häufen könnten. Der Grund: Das «pfefferscharfe» Umsetzungsgesetz der Ausschaffungsinitiative erschwere eine umfassende Abwägung aller Aspekte, wie es der EGMR verlangt. (bra)
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