Im Medizinschrank der Schweiz
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Armeeapotheke unter Druck:Im Medizinschrank der Schweiz

Engpässe in der Versorgung – Mitarbeiter der Armeeapotheke schieben Extraschichten
Im Medizinschrank der Schweiz

Ohne die Armeeapotheke wäre der Kampf gegen das Coronavirus schon verloren. Nebst den Soldaten im Einsatz beliefert sie die Bevölkerung mit Medikamenten und Geräten.
Publiziert: 06.04.2020 um 23:33 Uhr
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Aktualisiert: 26.09.2020 um 22:33 Uhr
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Die Soldaten füllen das Lager der Armeeapotheke auf.
Foto: Helena Schmid
Helena Schmid und Anja Müggler

Die Flüssigkeit ist farblos und beisst in der Nase, ein Viertelliter davon füllt das braune Glasfläschchen bis unter den Rand. Weisser Schraubdeckel, schlichtes Etikett. «Ethanol 70% AApot» steht drauf geschrieben. Im Volksmund nennt man es Desinfektionsmittel – während der Corona-Krise das flüssige Gold.

Als bewährtes Utensil der Schweizer Armee war Ethanol 70% AApot noch nie so gefragt. Im Einsatz steht es aktuell vor allem bei den Sanitätskompanien. Brauchen die Soldaten Nachschub, landet ihre Bestellung im Postfach der Armeeapotheke in Ittigen BE.

Der Plattenbau im Industriegebiet sieht weder nach Militär noch nach Apotheke aus. Angeschrieben ist das Gebäude nicht. Doch von der Tätigkeit hinter den Mauern ist aktuell die ganze Schweiz abhängig. Jean-Paul Buchs (62), Leiter der Qualitätssicherung im Haus, erklärt dem BLICK: «Wir beschaffen und produzieren Heilmittel, also Arzneimittel und Medizinprodukte für Armee und Bundesverwaltung.»

Produktion wegen Lieferengpässen schwierig

Während der Pandemie sind es ziemlich viele. Die Armeeapotheke wird mit Bestellungen überflutet. 90 Mitarbeiter stemmen normalerweise den Betrieb. Unterstützt werden sie von Angehörigen des Sanitätslogistik-Bataillons 81. Nun haben sieben Mitarbeiter aus anderen Bundesstellen hierher gewechselt. Und die Soldaten sind knapp einen Monat früher eingerückt als geplant.

Die Truppen sorgen nun für den dringend benötigten Nachschub an dem Desinfektionsmittel. Ethanol 70% AApot stellt die Armeeapotheke selbst her. «Wir kaufen konzentrierten Alkohol ein und verdünnen ihn auf 70 Prozent», erklärt Jean-Paul Buchs.

Doch zunächst müssen die Zutaten fürs Desinfektionsmittel erst einmal rechtzeitig ankommen. Während der Corona-Krise ist das eher die Ausnahme als die Regel. Buchs: «Mittlerweile rechne ich erst mit der Ware, wenn sie bei uns auf der Rampe steht.»

Trotz Massenproduktion keine Fehler erlaubt

Der konzentrierte Alkohol hat es pünktlich nach Ittigen geschafft. Ein Soldat füllt Proben zur Kontrolle in kleine Behälter ab. Mit einer Pipette gibt er einen Tropfen Reagenz dazu. Nun legt er ein in Reagenz getränktes Filterpapier auf die Öffnung. «Wenn sich das Papier blau färbt, ist hier wirklich Alkohol drin», erklärt er.

Das bräunliche Filterpapier färbt sich blau. Grünes Licht also für die weitere Verarbeitung. Der Alkohol wird verdünnt und in die braunen Fläschchen abgefüllt. Doch bevor die Lösung verwendet werden darf, muss sie erneut eine Qualitätskontrolle bestehen.

Fehler kann sich die Armeeapotheke keine leisten. Auch nicht während der Massenproduktion. «Ich arbeite nun seit fast 30 Jahren hier, doch den Betrieb so schnell hochfahren mussten wir noch nie», sagt Buchs.

Schichtarbeit schon vor Corona trainiert

Er und sein Team schieben Sonderschichten. Noch haben sie keinen Schichtbetrieb eingeführt – die Bestellungen lassen sich mithilfe der Soldaten gerade noch so stemmen.

Doch vorbereitet wäre man. «Ziemlich genau vor einem Jahr haben wir mit unseren Soldaten den Mehrschichtenbetrieb geübt», erzählt Jean Schreyer (33), Offizier des eingerückten Sanitätslogistik-Bataillons 81. Lachend fügt er an: «Damals hatten wir noch gar keine Vorstellung vom Coronavirus.»

Das fertige braune Fläschchen wird vom Labor drei Stöcke tiefer ins Lager transportiert. Die Regale in dem kühlen Raum mit Backsteinwänden reichen bis unter die Decke. Buchs nennt das Lager «Apotheke in der Armeeapotheke». Kleine Schachteln und Flaschen füllen die Ablagen – Medikamente, so weit das Auge reicht.

Apotheke liefert auch an Spitäler

Neben Desinfektionsmittel sind aktuell Schutzkleidung und Beatmungsgeräte gefragt. Die Armeeapotheke stellt ihre Produkte auch dem zivilen Gesundheitswesen, den Spitälern zur Verfügung. Sollte es auf dem Markt zu Engpässen kommen.

Wird ein Produkt bestellt, landet es am anderen Ende des kahlen Ganges im Parterre, der Fertigungshalle. Hier packt eine Mitarbeiterin in ziviler Kleidung zwei Fläschchen Ethanol 70% AApot in einen Karton. Dazu legt sie Schutzanzüge, Mundschutzmasken, Handschuhe und Sauerstoffmasken. Der Karton wird verschlossen und als «Nachschub-Sortiment Corona» an die Truppen ausgeliefert.

Ist Ethanol 70% AApot einmal im Einsatz, nutzen es die Soldaten, um Geräte und Flächen zu desinfizieren. Die Flüssigkeit tötet Viren und Bakterien, die sich dort angesiedelt haben. Bewahrt Truppen und Zivilleute davor, sich zu infizieren. Dann hat die Armeeapotheke ihren Auftrag erfüllt.

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