Das Bezirksgericht Kulm AG hat diese Woche einen Vater wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung seiner damals sechs Wochen alten Tochter zu einem Jahr Gefängnis bedingt verurteilt. Der Mann habe seine Tochter massiv geschüttelt. Dabei erlitt das Baby ein Trauma. Heute ist das inzwischen dreijährige Mädchen blind und kann weder sitzen noch gehen (Blick.ch berichtete).
Der Fall erinnert an den «Fall Loretan». Der inzwischen verstorbene Bergsteiger Erhard Loretan hatte 2001 seinen kleinen Sohn so lange geschüttelt, bis er an einem Schütteltrauma starb. Darauf folgte eine Präventionskampagne. Trotzdem gibt es immer wieder solche Fälle.
«Wir warnen in allen Beratungsstellen mit Flugblättern in mehreren Sprachen vor dem Schütteln», sagt Claude Zangger von der Mütter- und Väterberatung am Sozialzentrum Dorflinde in Zürich. Die Eltern wüssten daher in der Regel, dass Schütteln schlecht ist für Babys.
«Deshalb gestehen sie das normalerweise auch nicht, wenn sie es tun», erklärt Zangger. «Vielmehr sagen sie, das Baby weine andauernd.»
Für sie als Beraterin sei dies jeweils ein Alarmzeichen. In solchen Fällen werde umgehend ein Termin mit den Eltern für eine individuelle Beurteilung abgemacht.
«Weinende Kinder sind oft nur übermüdet und können nicht einschlafen», sagt Zangger. «Wenn sie dann einen Schoppen kriegen, obwohl sie keinen Hunger haben, trägt dies nicht zur Beruhigung des Babys bei. Die Kinder saugen gerne am Nuggi, um sich zu beruhigen. Wir helfen den Eltern, die Signale des Kindes zu interpretieren und darauf einzugehen.»
In den ersten drei Monaten nach der Geburt komme es häufig zu ausgedehnten Quengelphasen des Kindes. «Anstatt mit dem Kind stundenlang herumzulaufen kann es helfen, sich mit dem Baby in einen abgedunkelten Raum zurückzuziehen, sich mit ihm hinzulegen und ihm einen Nuggi anzubieten, um es zu beruhigen.»
Auch in der grössten Verzweiflung: Das Baby darf nie geschüttelt werden. Es kann schnell zu lebensbedrohlichen Verletzungen kommen, weil der Kopf des Kindes wegen der schwachen Nackenmuskulatur beim Schütteln nach vorne und hinten geschleudert wird. Dadurch können Gefässe verletzt werden, das Hirn schwillt an.