Ein roter Masterplan für den gelben Riesen
Die SP will mit der Post zurück in die Zukunft

Mehr als 60 Gesellschaften bilden den Postkonzern – kaum jemand hat da noch den Überblick. Der Vorschlag der Sozialdemokraten ist radikal.
Publiziert: 17.06.2018 um 14:40 Uhr
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Aktualisiert: 21.12.2018 um 15:59 Uhr
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Als die Welt noch eine heile war: Ein Pöstler macht seine Kundin froh.
Foto: Keystone
Marcel Odermann und Simon Marti

In den guten alten Zeiten machte der Briefträger gemütlich seine Runde durchs Dorf; am Schalter lag das gelbe Schwämmchen, um die Marke zu befeuchten, die Angestellte stempelte den Brief mit lautem Knall ab.

Die Post, damals noch PTT, war ein Staatsbetrieb. Das ist alles längst passé. Der gelbe Riese hat heute eine komplizierte Holdingstruktur, in der Firmen mit englischen Titeln wie «Swiss Post Solutions» zusammengefasst sind. Und der Pöstler schlendert nicht mehr durch die Gemeinde – er rast, denn er steht unter Zeitdruck.

Geht es nach der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz, macht das Unternehmen demnächst eine Reise in die Vergangenheit. Das zeigt der «Masterplan Post» der SP, welcher SonntagsBlick vorliegt. Diese Woche ist er von der Partei­leitung abgesegnet worden.

Radikale Vereinfachung der Struktur

Zentrale Forderung: Die Struktur des Unternehmens Post soll radikal vereinfacht werden. «Alle Unterkonzerngesellschaften, an denen die Schweizerische Post AG zur Mehrheit beteiligt ist, sind zu integrieren», fasst der Zürcher SP-Natio­nalrat Thomas Hardegger (62) zusammen, der an der Arbeitsgruppe beteiligt war. «Die verschachtelten Holdingstrukturen und ausgelagerten Einheiten sollten wieder in einer transparenten und übersichtlichen Organisation zusammengeführt werden. Das schafft Vertrauen und ermöglicht demokratische Kontrolle.»

Mit Hilfe der einfacheren Organisation, so hoffen die Genossen, würde die Aufsicht über die Post einfacher. Nach der betrügerischen Affäre der Postauto AG ist diese Forderung zumindest nachvollziehbar.

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Preisüberwacher Stefan Meierhans: «Dass die Manipulationen ein derartiges Ausmass annehmen, hat mich aus den Socken gehauen. Das hätte ich damals nie gedacht.»
Foto: Peter Mosimann

Wenn alles wieder auf eine Rechnung ginge, hätten die einzelnen Sparten ein geringeres Interesse, ihre Resultate durch illegale Tricks zu schönen. Aus dem gleichen Grund sollen Postbereiche, die zur Grundversorgung gehören, künftig keine Gewinn- und Renditepflicht mehr haben.

Die SP verlangt auch, den Abbau des Poststellennetzes zu stoppen. Der Masterplan hält fest, dass in den nächsten fünf Jahren keine Filialen geschlossen werden dürfen. «Es braucht ein Moratorium», sagt Hardegger. Zuerst müsse eine politische und gesellschaftliche Debatte geführt werden, welche Transparenz über die «künftige Gestaltung des Netzes herstellt», schreibt die SP.

Lohndeckel für die Postchefs

Auch die Löhne bei der Post werden im Masterplan thematisiert. Die SP erhebt hier eine Forderung von Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer (70, BL) zur Parteimeinung: Die Bezüge der Chefs sollen eine Obergrenze bekommen. Das höchste Salär darf 450'000 Franken nicht übersteigen. Damit würden sowohl die Manager der Post als auch diejenigen anderer Bundesunternehmen nicht mehr höher entlöhnt als Bundesräte – die geschasste Konzernchefin Susanne Ruoff verdiente noch rund eine Million.

Die Genossen haben Grosses vor mit der Post. Sie kümmern sich aber auch um Details. So soll etwa die Fahrzeugflotte der Post rasch elektrifiziert werden. Nationalrat Hard­egger: «Die Post muss auch im ökologischen Bereich eine Vorbildfunktion übernehmen!»

Postauto bleibt ein heisses Eisen

Die Aufräumarbeiten im Zusammenhang mit dem Postauto-Skandal werden die Schweizer Politik noch lange beschäftigen. Den Auftakt macht Anfang Juli die Sitzung der nationalrätlichen Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen. Dort ist das Thema Postauto bereits traktandiert. Es ist davon auszugehen, dass Bundesrätin Doris Leuthard (55, CVP) und Post-Verwaltungsratspräsident Urs Schwaller (65) antraben und sich den Fragen der Nationalräte stellen werden. Leuthard und Schwaller müssen sich auf kritische Fragen einstellen. Insbesondere die SP möchte, dass es bei der Post zu einem radikalen Wandel kommt (siehe Text). Aber auch Politiker anderer Parteien sind unzufrieden, dass der Verwaltungsrat ungeschoren aus der ganzen Affäre davonkommen soll. Auch der zuständige Ausschuss der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates nimmt sich der Postauto-Affäre an. Hier entscheidet sich auch die Frage, ob es am Ende nicht eine Parlamenta­rische Untersuchungskommis­sion (PUK) braucht, um die ­Affäre politisch aufzuarbeiten.

Die Aufräumarbeiten im Zusammenhang mit dem Postauto-Skandal werden die Schweizer Politik noch lange beschäftigen. Den Auftakt macht Anfang Juli die Sitzung der nationalrätlichen Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen. Dort ist das Thema Postauto bereits traktandiert. Es ist davon auszugehen, dass Bundesrätin Doris Leuthard (55, CVP) und Post-Verwaltungsratspräsident Urs Schwaller (65) antraben und sich den Fragen der Nationalräte stellen werden. Leuthard und Schwaller müssen sich auf kritische Fragen einstellen. Insbesondere die SP möchte, dass es bei der Post zu einem radikalen Wandel kommt (siehe Text). Aber auch Politiker anderer Parteien sind unzufrieden, dass der Verwaltungsrat ungeschoren aus der ganzen Affäre davonkommen soll. Auch der zuständige Ausschuss der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates nimmt sich der Postauto-Affäre an. Hier entscheidet sich auch die Frage, ob es am Ende nicht eine Parlamenta­rische Untersuchungskommis­sion (PUK) braucht, um die ­Affäre politisch aufzuarbeiten.

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