Die Selbstbestimmungsinitiative der SVP wurde mit 66,3 Prozent Nein-Stimmen wuchtig verworfen. Sie fand in keinem einzigen Kanton Zustimmung. In der Romandie hatte das Volksbegehren noch weniger Chancen als in der Deutschschweiz.
Mit dem Nein bleibt alles beim Alten: Kommt es zu einem Konflikt zwischen einer Verfassungsbestimmung und einem internationalen Vertrag, sind weiterhin verschiedene Lösungen möglich. Bei einem Ja hätte die Bundesverfassung immer Vorrang vor dem Völkerrecht gehabt.
Bei den Gegnern der SVP wurde die Niederlage mit grosser Erleichterung zur Kenntnis genommen. Die Partei selber sieht in der abstrakten Vorlage den Grund für die Niederlage, während die Gegner mit einer Vielzahl von Argumenten, namentlich den Menschenrechten, habe punkten können.
Der "Vater" der Initiative, der Zürcher Rechtsprofessor und Nationalrat Hans-Ueli Vogt, räumte ein, dass die Initiative möglicherweise zu früh gekommen sei. Dem Volk sei zu wenig ersichtlich gewesen, was auf dem Spiel stehe und dass die Demokratie langsam sterbe.
Bundesrätin Simonetta Sommaruga wies darauf hin, dass die Menschen in der Schweiz wüssten, dass man ohne Kompromisse nicht weiterkomme. Die Institutionen seien heute so aufgestellt, dass niemand alles alleine entscheiden könne. Die Bevölkerung wisse diesen Ausgleich zu schätzen.
Mit 64,7 Prozent Ja-Stimmen sprachen sich die Stimmberechtigten für die Änderung des Sozialversicherungsrechts und damit gegen das Referendum aus. In der Westschweiz war die Zustimmung deutlich weniger gross. Im Jura und im Kanton Genf behielten die Gegner des Überwachungsartikels sogar die Oberhand.
Die Befürworter reagierten erfreut, weil damit der frühere Zustand zur Missbrauchsüberwachung wieder hergestellt werden konnte. Wie weit die Detektive mutmasslichen Betrügern allerdings genau nachstellen dürfen, wird noch geklärt werden müssen. Die Gegner wollen darauf achten, dass die Privatsphäre weitestmöglich geschützt bleibt.
Der Schutz der Privatsphäre sei den Menschen wichtig, und das mit Recht, sagte auch Bundespräsident Alain Berset. Er wies darauf hin, dass Observationen nur in Ausnahmefällen möglich würden und gesetzlich klar geregelt seien. Das gehe auch aus dem Verordnungsentwurf hervor, der bis am 21. Dezember in der Vernehmlassung sei.
Am besten Abgeschnitten hat beim Volk die Hornkuh-Initiative, die aber mit 54,7 Prozent Nein-Stimmen ebenfalls abgelehnt wurde. In Genf, Basel-Stadt, Glarus, Schaffhausen und im Tessin gab es sogar Ja-Mehrheiten für die Initiative.
Die Natur habe die Kühe mit Hörnern geschaffen, begründete Bergbauer Armin Capaul seine Initiative, die er praktisch im Alleingang zustande gebracht hatte. Er erntete dafür von Bundesrat Johann Schneider-Ammann sogar ein "Châpeau!" (Hut ab!)
Die Gegner hoffen nun, dass auf dem Gesetzesweg etwas für die Tiere erreicht wird. Denn der Verfassungsweg sei dafür nicht der richtige Weg gewesen, waren sich Befürworter und Gegner einig. Unbestritten ist auch, dass gerade bei Ziegen die Enthornung nicht nur mit Schmerzen, sondern auch mit einem Fruchtbarkeitsverlust verbunden ist.