Die Hochzeit. Es soll der schönste Tag im Leben sein. An dem die Liebe mit Familie, Freunden und Bekannten gefeiert wird. Durch die Corona-Pandemie plötzlich ein Ding der Unmöglichkeit. Die Folge? Anstatt Ja sagten viele Nein.
Nein zum Jawort hinter einer Plexiglasscheibe. Nein zum schönsten Tag mit einer Maske. Nein zu einer Hochzeit ohne standesgemässe Feier mit den Liebsten.
«Die Krise hat mir das Genick gebrochen»
Brigitte Schweizer vom Schweizerischen Verband für Zivilstandswesen bestätigt gegenüber BLICK: «In gewissen Zivilstandesämtern sind seit Mitte März bis zu 40 Prozent der Trauungen abgesagt worden.»
Darunter leiden nicht nur die Liebespaare, sondern mit ihnen eine ganze Branche. «Praktisch alle meine Kunden haben ihre Hochzeit auf nächstes Jahr verschoben», sagt Hochzeitsplanerin Evelyne Schärer (51) zu BLICK.
Vor 16 Jahren hat sich die Weddingplanerin aus Zürich mit ihrer Firma Your Perfect Day selbständig gemacht. Normalerweise führe sie jährlich 20 bis 30 Hochzeiten durch, dieses Jahr lediglich zwei. «Die Krise hat mir das Genick gebrochen. Ich weiss nicht, wie es meine Firma nächstes Jahr noch geben wird.» Derzeit müsse sie ihre privaten Reserven aufbrauchen.
Trostlose Leere im Blumenatelier
Gleich erging Hochzeitsfotograf Lee Kramer (33) aus Dietikon ZH: «Plötzlich fanden einfach keine Hochzeiten mehr statt. Entsprechend schlecht lief mein Business», erzählt der Gewinner des Wedding Awards Switzerland 2019. Von den zehn Hochzeiten dieses Jahr seien nur zwei auf Ende Jahr verschoben worden, der Rest auf 2021.
Auch die Aufträge der Hochzeitsgestalterin Heinke Montsch (48) aus Rüdlingen SH blieben aus. Ihr sonst so mit Blumen, Gestecken und Bouquets überfülltes Atelier in Herrliberg ZH: seit drei Monaten leer. «Die sieben grossen Hochzeiten, die ich dekoriert hätte, wurden alle abgesagt», sagt sie zu BLICK.
Obwohl Montsch zuversichtlich bleibt, weiss sie: «Nach der Krise fange ich finanziell bei null an.» Ihre letzten Reserven habe sie jetzt in Anzeigen investiert. «So werden vielleicht die Paare, die doch noch heiraten, auf mich aufmerksam.»
Verluste im höheren vierstelligen Bereich
Für Lisa Dätwyler (40) aus Binningen BL stoppte das Virus sogar eine ganze Messe. Die Veranstalterin hätte die Show im märchenhaften Schloss Binningen erstmals im März organisiert gehabt. Doch die Tore blieben zu, die Gewinne aus. Für sie als Start-up «einschneidend»: «Da ich für einen solchen Fall nicht versichert bin, schreibe ich rote Zahlen.»
Die finanziellen Einbussen bewegen sich im höheren vierstelligen Bereich. «Für eine kleine Firma wie meine ist das ein grosser Verlust.» Die Messe werde nun am 13. Februar 2021 nachgeholt.
Müssen Brautmodengeschäfte schliessen?
Besonders prekär sieht auch die Lage in den Brautmodengeschäften aus. «Die Corona-Krise hat uns gewaltig getroffen», sagt Heidi Pfister, stellvertretende Filialleiterin des Brautmodengeschäfts Mery's in Bern. Drei Viertel der Hochzeiten seien abgesagt. Die Ware hatte das Geschäft jedoch schon bezahlt, und für die Miete des Ladens musste man auch aufkommen.
«Es herrschte grosse Unsicherheit»
Von «extremen Umsatzeinbussen» spricht auch Visagistin Nadja Thoma (27) aus Amden SG, die mehrheitlich Bräute für ihren grossen Tag schminkt und frisiert. 16 ihrer Hochzeitsaufträge seien abgesagt worden.
Täglich habe Thoma mit ihren Kundinnen telefoniert: «Wir wussten lange nicht, ob und wann man wieder heiraten kann.» Verschiebedaten wurden gesucht, umgeschoben und wieder gestrichen.
Wer 2021 heiraten will, muss Gas geben
Die Vertreter der Hochzeitsbranche sind sich aber durchs Band einig: Die unzähligen Verschiebungen werden massive Auswirkungen auf 2021 haben.
«Es wird eng mit den Terminen im nächsten Jahr», weiss Zeremoniengestalterin Nicole Hermann (50) aus Buochs NW. Mit ihrer Firma «Zeremonien mit Herz» führt sie freie Trauungen durch. «Paare, die 2021 heiraten wollen, sollten ihre Planung bald beginnen.»
Dies beweist auch einen Blick in den Kalender von Fotograf Lee Kramers: «Ich bin nächstes Jahr praktisch schon ausgebucht.»
Hochzeit im Wert von 45'000 Franken zu gewinnen
Wer trotzdem noch zu einer Hochzeit 2020 Ja sagen will: Es ist noch nicht zu spät! Planerin Schärer: «Die tollsten und exklusivsten Locations sind jetzt frei.» Das sei eine einmalige Gelegenheit, Dienstleistungen zu ergattern, die sonst zwei Jahre im Voraus ausgebucht seien.
Auch Nicole Hermann verlor den Glauben daran nicht, dass man bald wieder heiraten könne: Gemeinsam mit der Unternehmerin Simone Wigger der Simi’s Event GmbH lancierte sie das Projekt «Wir verschenken eine Hochzeit»: «Dank 15 weiteren Partnern können wir eine Hochzeit im Wert von fast 45'000 Franken verschenken. Die Anmeldefrist läuft noch bis am 15. August.»
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