Am Dienstag diskutierte der «Club» auf SRF 1 über das Ende des Rahmenabkommens. Unter Ausschluss der SVP, jener Bundesratspartei, die während Jahren den Vertrag mit der EU geschlossen und entschieden bekämpft hatte. Auch wenn die Kritk am Rahmenabkommen mit den Jahren immer breiter wurde – für die SVP ist und bleibt die Frage der europäischen Integration neben der Zuwanderung die alles dominierende politische Auseinandersetzung.
Umso grösser fällt ihre Wut auf den staatlichen Rundfunk aus, der – so die Lesart – der SVP diesen Erfolg nicht gönnen mag. Bereits am Mittwoch kündigte die Partei eine Beschwerde bei der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) an. Aber spätestens als die SVP dunkel mit «politischen Schritten» drohte, war klar, dass es längst um mehr geht als das politische Personal einer Diskussionssendung.
Bis heute blieb offen, welche Schritte die Rechtspartei ins Auge fasst. Gegenüber SonntagsBlick erklärt Nationalrat Thomas Matter (55, ZH) nun, dass die SVP eine Volksinitiative plane. Erste Gespräche im Parteileitungsausschuss haben schon stattgefunden.
Matter: «Linksdrall bei SRF»
Drei Jahre nach Ablehnung der «No Billag»-Initiative, die eine Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren verlangte, gerät die SRG damit erneut ins politische Kreuzfeuer: «Seit dem Nein zu ‹No Billag› ist der Linksdrall bei SRF nur noch schlimmer geworden. Nach der ‹Club›-Sendung zum Rahmenabkommen ist für uns der Punkt erreicht, da wir handeln», begründet Matter den Entscheid. «Würde eine Politsendung zum CO2-Gesetz ohne die Grünen stattfinden, liefen diese Amok. Zu Recht!»
Die politische Berichterstattung sei für die SVP seit längerem ein Problem: «Weder bei den Agrar-Initiativen noch beim CO2-Gesetz ist diese ausgewogen.» Dass sich alle Parteien über Beiträge und Sendungen empören, lässt Matter nicht gelten. «Wenn sich Politiker anderer Parteien über das SRF aufregen, ist das ihre Sache. Aber niemand soll mir sagen, dass es im Leutschenbach bürgerlich zu- und hergeht.»
SRF-Chefetage reagiert
Nach der Kritik der SVP vom Mittwoch reagierte die Chefetage in der SRF-Zentrale rasch. Man lasse sich von keiner Partei vorschreiben, wer in eine Sendung eingeladen werde. «Diese Druckversuche hat es schon immer gegeben, und sie haben in letzter Zeit noch zugenommen», sagte Gregor Meier, Vize-Chefredaktor Video, am Donnerstag. «SRF berichtet weder tendenziös noch verletzen wir die journalistische Sorgfaltspflicht.»
Diese Stellungnahme lässt die SVP kalt. Thomas Matter erklärt, dass zwei mögliche Stossrichtungen für eine Volksinitiative zur Debatte stehen. Eine verlangt die Senkung der jährlichen Radio- und Fernsehgebühren für Privathaushalte von heute 335 auf 200 Franken. «Zeitgleich sollen die Unternehmen von der Zwangsabgabe befreit werden», so der Zürcher Nationalrat. Die zweite Variante zielt auf die personelle Zusammensetzung der Redaktionen und der Chefetage. «Der Verwaltungsrat der SRG, die Geschäftsleitung, die UBI und die Redaktionen sämtlicher politischer Sendungen sollen die politische Landschaft der Schweiz abbilden.» Die genaue Umsetzung gelte es noch zu regeln, sollte diese Variante zum Zuge kommen. Matter: «Es geht uns nicht um eine exakte Vertretung der Parteien nach ihrem Wähleranteil. Heute aber ist der bürgerliche Teil der Bevölkerung, die grosse Mehrheit, in den relevanten Redaktionen massiv untervertreten, obwohl sie dieses Fernsehen finanzieren!»
Zu wenig bürgerliche Journalisten?
Das Projekt steht noch am Anfang, die Parteigremien müssen die Initiative noch absegnen. Aber bringt die SVP eine solche Vorlage an die Urne, könnte sie die SRG zu einem massiven Sparprogramm zwingen. Im gleichen Zug stellt die grösste Partei im Land die politische Unabhängigkeit des SRF offen infrage. «Wir sägen nicht an den Institutionen. Das SRF ist heute zu mächtig», winkt Matter ab. Gemäss einer Untersuchung verorteten sich 70 Prozent ihrer Journalisten politisch links. «Das ist bei einem Monopolisten, der sich faktisch über eine Steuer finanziert, unhaltbar.» Es könne schlicht nicht sein, dass in den relevanten Sendungen kaum Bürgerliche arbeiteten.
Auch Matthias Aebischer (53) ist kein Bürgerlicher. Seit 2011 politisiert der Berner für die SP im Nationalrat. Vorher war Aebischer Journalist beim SRF, etwa bei der «Tagesschau» und beim «Club» – in den Sendungen also, die die SVP am schärfsten kritisiert. Es sei völlig legitim, wenn eine Partei eine Initiative lanciert, sagt er. «Auch wenn sie immer wieder mit demselben Thema kommt», gehöre dies zur direkten Demokratie dazu. «Man muss einfach wissen, dass sich die SVP seit Jahrzehnten auf die SRG eingeschossen hat.» Meist seien Politiker federführend, die gute Beziehungen zu den Privatsendern unterhielten. «Die Kritik am linken SRF, ja am linken Journalismus, ist nichts Neues. Für mich muss die vierte Gewalt im Staat das politische Establishment hinterfragen», so Aebischer. Der Bundesrat sei bürgerlich, im Parlament dominiere eine bürgerliche Mehrheit, da könne es nicht überraschen, wenn Journalisten eine linke Perspek-tive einnehmen. «Umgekehrt sieht man in den grösseren linken Städten, dass die Presse oft die linke Politik infrage stellt.»
Einer Abstimmung blickt er optimistisch entgegen. Jeden Abend informierten sich eine Million Menschen mit einer TV-Newssendung der SRG. Das gebe Sicherheit. «Dieses Lagerfeuer-Feeling wird die Bevölkerung nicht aufgeben wollen», ist Aebischer überzeugt.