Als der Gleitschirmpilot das Kabel sieht, ist es bereits zu spät. Am Donnerstagmittag fliegt C. D.* (35) direkt in die Drahtseile der Luftseilbahn der Fiesch-Eggishorn-Bahn. «Ich dachte noch kurz über ein Ausweichmanöver nach», sagt der unglückliche Hobbypilot, «entschied dann aber, möglichst gerade draufzuzuhalten. Ich hoffte, dass sich der Schirm so fester im Kabel verheddert.»
Er behielt recht. Die Leinen der linken Seite reissen zwar, aber ein Teil jener auf der rechten Seite verfängt sich fest im Zugseil der Seilbahn. Der Westschweizer sagt, er sei vom Vario abgelenkt gewesen – eine Art mobiler Flugcomputer, der mit einem akustischen Signal anzeigt, ob man gerade sinkt oder steigt. «Ich flog zum ersten Mal mit einem Vario und habe darum zu lange auf das Gerät geschaut.»
C. D. machte das Brevet vor zwei Jahren und absolvierte über hundert Gleitschirmflüge. Der Start von der Fiescheralp war allerdings eine Premiere.
Gut 30 Minuten war er in der Luft – über anderthalb Stunden hing er mehr als 60 Meter über dem felsigen Boden. Erst am Tag zuvor hatte er ein Walkie-Talkie gekauft. Damit benachrichtigt er seinen Flugkameraden. Der fliegt über ihm und alarmiert die Air Zermatt.
Der Bahnbetrieb wird sofort unterbrochen. Dennoch hat C. D. einen kurzen Moment Todesangst: «Ich hörte Leinen reissen und dachte, das seien meine letzten Minuten.» Während er in den Seilen hängt, hält er den Notschirm parat – für einen kontrollierten Absturz.
Ein Retter der Air Zermatt muss über das Seil zum Verunglückten klettern. Der Abwind des Helikopters hätte den Schirm losreissen können. C. D.fängt das Sicherungsseil auf und hängt es mit dem Karabiner an seinem Trapez ein. Er weiss: Jetzt ist er sicher.
Über eine Umlaufrolle wird er vom Boden aus abgeseilt. «Als meine Füsse die Erde berührten, war ich extrem erleichtert», sagt er. C. D. weiss, dass er grosses Glück hatte: Die Leinen hielten, die Bahn wurde rechtzeitig gestoppt. Für ihn ist klar: «Ich werde weiter Gleitschirm fliegen.»