Doris Leuthard und Peter Spuhler
Ein Team, das sich schon lange kennt

Doris Leuthard öffnete Stadler Rail als Bundesrätin viele Türen. Nun wird sie beim Bahnunternehmer Verwaltungsrätin. Wirtschaftsrechtler Peter V. Kunz kritisiert die Personalie.
Publiziert: 24.11.2019 um 00:39 Uhr
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Kennen sich schon länger: Peter Spuhler und Doris Leuthard.
Foto: Thomas Grabka/laif
Tobias Marti und Thomas Schlittler

Ein neuer Posten für eine alt Bundesrätin gibt zu reden. Doris Leuthard (56) wird Verwaltungsrätin von Stadler Rail, dem Bahnunternehmen von Peter Spuhler (60). Er ist hocherfreut: «Frau Leuthard hat in der europäischen Verkehrspolitik grosses Know-how erworben. Davon kann Stadler Rail bei strategischen Entscheiden profitieren».

Leuthard und Spuhler – ein Team, das sich schon lange kennt. Nicht nur begannen beide 1999 im Nationalrat. Auch später, zu Leuthards Bundesratszeiten, verloren sie sich nicht aus den Augen. Als Chefin des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) war Leuthard oft als Türöffnerin für Stadler in der Welt unterwegs.

Verschiedene gemeinsame Besuche weltweit

Etwa im April 2017 beim Präsidialbesuch in Argentinien. Mit dabei: Stadler-Rail-Verkaufschef Peter Jenelten.

Oder im September 2017: Präsidialbesuch in Indien. Im Schlepptau: Peter Spuhler: «Wenn eine Bundespräsidentin wie Doris Leuthard kommt, hat das schon eine Wirkung. Ich hoffe, dass wir dadurch Goodwill schaffen können für unser Angebot», so Spuhler damals.

Und im Dezember 2017: Empfang des bolivianischen Präsidenten Evo Morales in Bern. Das gigantische Bahnprojekt Bioceánico wird eingefädelt. In Bern wird auch Peter Spuhler gesichtet.

Nestlé oder Novartis wären unproblematisch

Es gibt nicht nur Applaus für Leuthards Engagement: «Dieser Deal hinterlässt, selbst bei liberalem Wohlwollen, schlicht ein Gschmäckle», sagt Peter V. Kunz (54), Professor für Wirtschaftsrecht an der Universität Bern und Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät.

Wenn Leuthard bei Nestlé oder Novartis in den Verwaltungsrat gewählt würde, wäre dies an sich unproblematisch, so Kunz. «Doch sie war als Bundesrätin gerade in dem Bereich tätig, der für Stadler Rail absolut zentral war und weiterhin ist.»

Ein Verwaltungsrat sollte laut Kunz grundsätzlich unabhängig sein, und zwar nicht nur real, sondern auch dem Anschein nach. Die alt Bundesrätin riskiere in der Bevölkerung ihr positives Image, weil nicht wenige Menschen durch die Wahl eine Käuflichkeit vermuten könnten. Auch für Stadler Rail, in der Bevölkerung ein Sympathie­träger par excellence, «könnte dies ins Negative umschlagen, wenn es danach aussieht, dass hier schlicht politischer Einfluss gekauft wird», sagt Wirtschaftsprofessor Kunz.

Unterstützung von Economiesuisse

Auf Anfrage des SonntagsBlicks wehrt sich Doris Leuthard: Sie habe während ihrer Amtszeit mit anderen Unternehmen weit mehr Kontakt gehabt. «Der Herr Professor weiss offenbar nicht, dass der Bund keine Züge kauft und solche Geschäfte nicht beeinflussen kann. Das Uvek ist für die Bahninfrastruktur zuständig. Und international unterstützen alle Bundesräte unsere Schweizer Unternehmen.»

Für ihre Dienste wird Leuthard jährlich 90'000 Franken erhalten. Sie habe andere, lukrativere Angebote erhalten, sagt die alt Bundes­rätin. «Aber Stadler ist der einzige Schweizer Bahnbauer und ein tolles Unternehmen, das viele Arbeits­plätze schafft.»

Unterstützung bekommt sie vom Wirtschaftsverband Economiesuisse: Es sei zu begrüssen, wenn Spitzenpolitikerinnen ihre Erfahrungen aus der Politik nach ihrer Amtszeit weiter zur Verfügung stellen. Das gelte auch für eine Tätigkeit in der Wirtschaft. «Wichtig ist, dass es zu keinen Interessenkonflikten kommt und dass die jeweiligen In­teressen transparent offengelegt werden», sagt Michael Wiesner, Geschäftsleitungsmitglied von Economiesuisse.

Nicht zum ersten Mal sorgt ein früheres Mitglied der Landesregierung mit einem neuen Posten in der Wirtschaft für Gesprächsstoff. Wirtschaftsrechtler Peter V. Kunz schlägt eine gestaffelte Karenzfrist vor, bevor es in einen Verwaltungsrat geht. Ein Jahr Wartezeit bei KMU, zwei Jahre bei grossen Firmen und fünf Jahre bei Unternehmen im früheren Aufsichtsbereich.

Unterwegs für Stadler und Co.

Argentinien

April 2017: Die dama­lige Bundespräsidentin Doris Leuthard trifft Mauricio Macri, Argentiniens Präsidenten. Ebenfalls in Südamerika dabei: Peter Jenelten von Stadler Rail. Der Schweizer Konzern wollte 180 Züge für die S-Bahn in Buenos Aires liefern. Wert des Geschäfts: zwei Milliarden Franken.

Indien

September 2017: Treffen mit Indiens Premier Narendra Modi. Mit dabei: Peter Spuhler. Für ihn ist der Staatsbesuch der perfekte Türöffner: «Bundespräsidentin Leuthard kann einiges bewirken.» Spuhler wollte den Indern 5000 Triebwagen und Waggons sowie drei Werkstätten im Wert von acht Milliarden Franken verkaufen. «Dass ich das Projekt Premierminister Modi vorstellen konnte, war eine grosse Ehre!»

Bolivien

Bolivien plante eine Eisenbahnlinie quer durch Südamerika. Damit die Schweizer Bahnindustrie zum Zug kommt, empfing Doris Leuthard im November 2017 den Präsidenten Evo Morales. Volumen des Projekts: bis 14 Milliarden US-Dollar. Von diesem Kuchen wollten sich die Schweizer ein Stück abschneiden.

Argentinien

April 2017: Die dama­lige Bundespräsidentin Doris Leuthard trifft Mauricio Macri, Argentiniens Präsidenten. Ebenfalls in Südamerika dabei: Peter Jenelten von Stadler Rail. Der Schweizer Konzern wollte 180 Züge für die S-Bahn in Buenos Aires liefern. Wert des Geschäfts: zwei Milliarden Franken.

Indien

September 2017: Treffen mit Indiens Premier Narendra Modi. Mit dabei: Peter Spuhler. Für ihn ist der Staatsbesuch der perfekte Türöffner: «Bundespräsidentin Leuthard kann einiges bewirken.» Spuhler wollte den Indern 5000 Triebwagen und Waggons sowie drei Werkstätten im Wert von acht Milliarden Franken verkaufen. «Dass ich das Projekt Premierminister Modi vorstellen konnte, war eine grosse Ehre!»

Bolivien

Bolivien plante eine Eisenbahnlinie quer durch Südamerika. Damit die Schweizer Bahnindustrie zum Zug kommt, empfing Doris Leuthard im November 2017 den Präsidenten Evo Morales. Volumen des Projekts: bis 14 Milliarden US-Dollar. Von diesem Kuchen wollten sich die Schweizer ein Stück abschneiden.

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