Dominic Devilles Trump-Video holte schon 10 Millionen Klicks
Ein Held wider Willen

Dominic Deville hat mit seinem Trump-Video Schweizer Satire auf die internationale Bühne gehievt. Warum er trotzdem kein Satiriker sein will.
Publiziert: 12.02.2017 um 18:31 Uhr
|
Aktualisiert: 05.10.2018 um 17:09 Uhr
Macht es sich bequem – aber nie schlappe Witze: Satiriker Dominic Deville.
Foto: Gerry Nitsch

Im Zürcher Café Nordbrücke läuft morgens kurz nach acht Uhr «Heroes» von David Bowie. Ein Held der Stunde sitzt an einem Tisch: der Schweizer Fernseh-Moderator Dominic Deville (41).

Der Luzerner Deville ist Punksänger, Kindergärtner, Vater zweier kleiner Kinder und TV-Talent mit eigener, nach ihm benannter Late-Night-Show auf SRF1. Anfang Februar lief dort ein Video, das bei US-Präsident Donald Trump («America first!») dafür wirbt, die Schweiz hinter den Vereinigten Staaten auf seiner Weltkarte doch bitte an zweite Stelle zu setzen.

Bis jetzt haben gut zehn Millionen auf Youtube die witzige Werbung angeklickt. Sogar das einflussreiche amerikanische «Time»-Magazin lobte den Film (BLICK berichtete).

Trump-Satire-Video geht viral
3:46
Switzerland Second:Trump-Satire-Video geht viral

Mit Valentin, Polt und Otto aufgewachsen

Das Video ist eine Antwort auf die niederländische Late-Show «Zondag met Lubach», die im Januar als Erste um Trump warben. Seither gibt es Dutzende Konkurrenzvideos aus aller Welt, die Schweiz reagierte am schnellsten.

Dominic Deville im Fumoir des Restaurants Nordbrücke in Zürich-Wipkingen.
Foto: Gerry Nitsch

Das Video nimmt nicht nur Trump auf die Schippe, sondern auch die Schweiz – zum Teil bitterböse: Seitenhiebe auf die Sterbehilfeorganisation Exit («Wenn Sie alt sind, kommen sie und töten Sie – es ist super!»), auf das reaktionäre Frauenbild («Wir haben sie bis 1971 nicht abstimmen lassen! Es war super!») und auf eingeschmolzenes Judengold unserer Banken.

Satirischer Klartext also, wie er in der Schweiz selten zu hören ist – und in der Regel zu empörten Nestbeschmutzer-Rufen führt. Steht Deville nach seiner Sendung in der Kritik? «Im Gegenteil», sagt er, «wir haben positive Reaktionen vom ganzen politischen Spektrum erhalten.» Er sieht sich auch nicht primär als Satiriker: «Seit dem Trump-Video habe ich einfach dieses Etikett angehängt bekommen – eigentlich bin ich bloss ein Typ, der Seich macht.»

1975 in München geboren, hat er den bayerischen Humor quasi mit der Muttermilch aufgesogen. «Bei uns lief im Hintergrund ständig Karl Valentin und Gerhard Polt, aber auch Loriot und nicht zuletzt Otto», sagt Deville. «Ich hab mit meinem Bruder schon immer die Sketche an Familienfesten nachgespielt.» Sehr zur Freude und zum Stolz seines Vaters.

Ist nicht nur Schweizer Verhältnisse bitterböse – und witzig: Dominic Deville.
Foto: Gerry Nitsch

Dessen Freude und Stolz lässt nach dem Umzug in die Schweiz ein paar Jahre später ein wenig nach, als der kleine Deville mit zarten zwölf Jahren die Punkszene für sich entdeckt – und ab 15 als Sänger und Schlagzeuger von Bands wie Grössenwahn, Kaffeekränzchen oder The Failed Teachers auf der Bühne steht.

«Punk hat viel mit Kindern gemein»

Weil man als Rampensau zunächst kein Geld verdient, folgt die Ausbildung zum Kindergärtner in Luzern. «Als Punk hat man wahnsinnig viel mit Kindern gemein» sagt Deville, «man geht direkt auf etwas los. Wenns einem gefällt, schreit man vor Freude, wenn nicht, macht man es kaputt.»

Bei aller Punkrhetorik – Devilles Humor ist zwar oft brachial, aber ideologisch weniger haudrauf, als man denken könnte. «Ich trete nur gegen oben, also gegen Institutionen, Behörden, Politik. Ich würde nie gegen Minderheiten wie Ausländer schiessen oder die untere Schiene wie Frauenwitze befahren», sagt der Entertainer, der seit Mai 2016 auf SRF seine eigene Late-Night-Show hat.

Zu der kam es nach zwei schweizweit erfolgreichen Bühnenprogrammen. Im ersten, «Kinderschreck», verbrät Deville Anekdoten aus seinem Kindergartenalltag, im zweiten, «Bühnenschreck», folgerichtig Anekdoten aus dem Alltag als Kleinkünstler. Spätestens dann hat SRF gemerkt, dass da ein neues Schweizer TV-Talent bereitsteht.

Deville hat einen genau getakteten Zeitplan und muss gleich zum nächsten Termin. Nur etwas liegt ihm noch am Herzen, ein Schweizer Comedy-Geheimtipp: die offene Bühne, die er zweimonatlich im Casinotheater Winterthur moderiert und zu der alle kommen sollen, die etwas Lustiges zu sagen haben. Name der Veranstaltung? «Rampensau».

Ist ja klar. Und damit entschwindet der aktuelle Held der Satire, der gar keiner sein will.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?