Der frühere deutsche Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hat am Dienstagabend mit einem Tweet und indirekter Kritik an deutschen Medien eine Debatte im Netz ausgelöst. Maaßen teilte einen Link zu einem Artikel der «Neuen Zürcher Zeitung» mit der Überschrift: «In deutschen Städten sieht die Mehrheitsgesellschaft ihrem Ende entgegen.»
Im Artikel heisst es weiter: «Frankfurt am Main, Offenbach, Heilbronn, Sindelfingen - in diesen und anderen Städten sind Deutsche ohne Migrationshintergrund nur noch die grösste Gruppe, stellen aber keine absolute Mehrheit mehr dar.» Maaßen schrieb dazu: «Für mich ist die NZZ so etwas wie ‹Westfernsehen›.»
«Zensur & staatlich gelenkte Medien wie in der DDR?»
Dafür erntete der 56-Jährige überwiegend Kritik, und zwar umgehend. Der Grünen-Politiker Volker Beck etwa erwiderte: «Wir haben also nach Ihrer Ansicht, geschätzter Herr Maaßen, in Deutschland Zensur & staatlich gelenkte Medien wie in der DDR? Habe ich Sie richtig verstanden, dass damit die FDGO (Anm.: freiheitliche demokratische Grundordnung), die Sie als Verfassungsschutzpräsident schützen sollten, Ihrer Meinung bereits ausser Kraft ist?»
Der frühere CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz meinte: «Ein früherer Präsident des Verfassungsschutzes vergleicht die deutschen Medien mit der SED-Einheitspresse. Bisher brüllten nur die völkisch-nationalistische AfD und Pegida ‹Lügenpresse›. Die sog. ‹Werte›-Union verliert völlig die Orientierung.»
Maaßen ist Mitglied der CDU und der Werteunion, die sich als konservative Strömung in der Union versteht.
Heute Morgen sah sich die «NZZ» dann zu einer Distanzierung gezwungen: «Wir distanzieren uns von dieser Bezeichnung, wenngleich diese seit Monaten in den sozialen Netzwerken kursiert. Wir sind kein Westfernsehen. Dieser Vergleich ist unpassend und Geschichtsklitterung.»
Weniger transparent ist die «NZZ» allerdings beim Artikel, der alles ausgelöst hat. Dort schrieb der Journalist mehrmals von «Bio-Deutschen». Der verpönte Begriff wird auch von der AfD für Deutsche ohne Migrationshintergund verwendet.
Nach einem Shitstorm löschte die «NZZ» die Passagen stillschweigend raus und vermerkte unten am Text bloss, dass es sich um eine «versehentlich unredigierte Fassung» handelte. (SDA/bö)