Das teilte das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) am Sonntag nach einem Besuch von Aussenminister Didier Burkhalter in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad mit. Burkhalter habe bei seinem 24-stündigen Besuch in Riad König Salman sowie Aussenminister Adel al-Dschubair getroffen. Burkhalter habe über die Beziehungen zwischen Iran und Saudi-Arabien gesprochen.
Dank der guten Beziehungen, welche die Schweiz zu beiden Ländern unterhalte, habe die Schweiz Saudi-Arabien angeboten, die Interessen Riads im Iran zu vertreten, dies im Sinne eines Schutzmachtmandats. Es sei auch im Interesse der Schweiz, in der Region zur Stabilität beizutragen, heisst es in der EDA-Mitteilung weiter.
Aussenminister Al-Dschubair habe der Schweiz im Anschluss an die Gespräche an einer Medienkonferenz gedankt und gesagt, Riad nehme die Vorschläge der Schweiz an. Burkhalter habe dies begrüsst.
Laut EDA müssen die Einzelheiten der Rolle der Schweiz mit Repräsentanten der beiden Länder noch im Detail diskutiert werden. Wichtig sei insbesondere das Ausstellen von Visa für Reisende der beiden Länder.
Falls es die beiden Länder wünschen, könne die Schweiz auch einen Kommunikationskanal anbieten, der es dem Iran und Saudi-Arabien erlaube, sich auszutauschen - dies trotz fehlender diplomatischer Beziehungen. Damit die Schweiz ein solches Mandat übernehmen könne, brauche es jedoch die Zustimmung der beiden Länder, heisst es weiter.
Die Schweiz und Saudi-Arabien unterhalten seit sechzig Jahren bilaterale Beziehungen. Der Besuch Burkhalters war laut EDA bisher der erste eines Schweizer Aussenministers in Riad.
Burkhalter habe mit seinem Amtskollegen Al-Dschubair im weiteren über die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Saudi-Arabien gesprochen. Diese kann laut EDA unter anderem in den Bereichen humanitäre Hilfe, Sicherheitspolitik und Menschenrechte ausgebaut werden.
Auch die Spannungen in der Region waren ein Thema, vor allem die Konflikte in Syrien und im Jemen. Burkhalter habe die Position der Schweiz vertreten, welche die Regierungen der Region auffordert, auf Provokationen zu verzichten und den Dialog aufzunehmen.
Bei der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates stösst die Rolle der Schweiz auf Zustimmung. Es sei positiv, wenn die Schweiz ihre traditionelle Rolle durch Vermittlung und Botschaftsdienste wahrnehme, sagte Nationalrat Luzi Stamm (SVP/AG) im «Echo der Zeit» von Radio SRF.
Gemäss dem Zürcher SP-Nationalrat Tim Guldimann ist es ein Beitrag in einem Bereich, in dem die Schweiz etwas leisten könne. Guldimann sieht die Neutralität der Schweiz nicht gefährdet.
Saudi-Arabien hatte die Beziehungen zum Iran Anfang Januar abgebrochen. Alle iranischen Diplomaten müssten binnen 48 Stunden das Land verlassen, teilte das Aussenministerium damals mit.
Zwischen den beiden Staaten war es nach der Hinrichtung des schiitischen Geistlichen Nimr al-Nimr im überwiegend sunnitischen Saudi-Arabien zu Spannungen gekommen. Der schiitische Iran protestierte scharf gegen die Hinrichtung, wütende Demonstranten stürmten die saudi-arabische Botschaft in der iranischen Hauptstadt Teheran.
Saudi-Arabien sah es als erwiesen an, dass Al-Nimr hinter Anschlägen in dem Land stand. Für den Iran war der entschiedene Kritiker der Führung in Riad ein wichtiger Verfechter der Rechte der schiitischen Minderheit.
Vergangenen Freitag hatte der iranische Aussenminister Mohammed Dschawad Sarif am Rande der Sicherheitskonferenz in München gesagt, der Iran und Saudi-Arabien müssten ihre Differenzen überwinden und zur Stabilität in Nahen Osten beitragen. Im Januar, kurz nach einem Treffen zwischen Sarif und Burkhalter in Davos, hatte der Iran akzeptiert, dass die Schweiz die Interessen des Landes in Saudi-Arabien vertritt.
Saudi-Arabien und der Iran ringen um die Vormachtstellung in der Region. Während sich das Königreich als Schutzmacht der Sunniten sieht, betrachtet sich der Iran als Interessenvertreter der Schiiten.
Das Schutzmachtmandat hat gemäss EDA eine lange Tradition in der Schweizer Aussenpolitik. Eine Schutzmacht tritt laut EDA in Funktion, wenn zwei Staaten im Konfliktfall ihre diplomatischen und/oder konsularischen Beziehungen abbrechen. Ihre Dienstleistung erlaubt den betroffenen Staaten, minimale Beziehungen aufrecht zu erhalten.
Die aktuellen Schutzmachtmandate der Schweiz: Iran in Ägypten, USA in Iran, Russland in Georgien und Georgien in Russland. Im Sommer vergangenen Jahres war das Schutzmachtmandat der Schweiz für die USA in Havanna erloschen. Kuba und die Vereinigten Staaten nahmen damals ihre direkten diplomatischen Beziehungen wieder auf.