Im Nachhinein scheint allen klar: Der Beil-Amoklauf von Sascha I. (17) in Flums SG am Montag geschah mit Ansage. Auf seinem Profil auf der Social-Media-Plattform VKontakte – ein russisches Pendant zu Facebook – liess Sascha I. keine Zweifel daran, was er von Menschenleben hält: gar nichts!
Unter «Tätigkeiten» gab der 17-jährige Teenager aus Lettland «Gewalt und Tötung von Kleinkindern» an. Ihn würde Genozid interessieren, seine Firma heisse «Kinderschlachterei AG» und sein Lieblingsbuch sei Hitlers «Mein Kampf».
Hätte die Tat verhindert werden können?
Am Montag ist Sascha I. dann auch zur Tat geschritten. Wie im Blutrausch hat er mit einem Beil bewaffnet Menschen angegriffen, acht wurden dabei teils schwer verletzt. Bei einer Tankstelle konnte die Polizei den Täter nach einem Schusswechsel stellen.
Hätte dieser Amoklauf verhindert werden können, wenn man die Social-Media-Aktivitäten von Sascha I. früher und besser beobachtet hätte? Hätte der Schulpsychologische Dienst aufmerksamer die Internet-Präsenz des Beil-Amoks prüfen müssen?
Digital-Experte Philippe Wampfler ist kritisch: «Es gibt Tausende unterschiedliche Social-Media-Plattformen – dass eine Schule alle im Blick hat, ist nicht zumutbar.»
Wahrscheinlich hätte es eine andere Risiko-Einschätzung gegeben
Denn: Zwar seien die Schulpsychologischen Dienste geschult, auch Social-Media-Profile bei der Risikoeinschätzung von Schülern miteinzubeziehen, jedoch werden nur diejenigen standardmässig geprüft, die bei den Jugendlichen Mainstream seien – beispielsweise Facebook.
VKontakte ist eine in der Schweiz weitgehend unbekannte Nische. «Mir ist nicht bekannt, dass um die Facebook-Alternative VKontakte eine Subkultur bei Schweizer Jugendlichen gebildet hätte», so Wampfler. Dass die Behörde diese Seite nicht auf dem Schirm hatte, sei darum verständlich.
Wampfler hält es aber durchaus für möglich, dass der Dienst zu einer anderen Risikoeinschätzung gekommen wäre, wenn er das Profil von Sascha I. auf VKontakte gesehen hätte.
Schüler müssen Einträge melden
Denn Social-Media-Profile würden einen Teil der Persönlichkeit eines Menschen widerspiegeln, sagt Wampfler. Und Sascha I.s Fantasien von «Gewalt und Tötung von Kleinkindern» seien sehr alarmierend.
Die Pflicht, solche Einträge zu melden, sieht Wampfler aber vielmehr bei Schulkollegen und weniger bei den Behörden. Schüler sollten sensibilisiert werden, Auffälligkeiten zu melden. Eine Aufgabe, die die Schulen nun erledigen müssten.
«Wenn sie von Kollegen Inhalte auf Social-Media-Profilen oder auf Whatsapp sehen, welche irritierend oder angsteinflössend sind, sollten sie lieber einmal zu viel als einmal zu wenig die Klassenlehrerin oder dann die Schulleitung darüber informieren», so Wampfler.
So hätte Sascha I. vielleicht gestoppt werden können, noch bevor er am Montag zum Beil griff.