Der Fünfer verdankt dem Weggli sein Leben. Die beiden gehören zusammen. Obwohl heute kein Bäcker mehr für ein Fünfrappenstück ein Weggli rausrückt. Der Fünfer bleibt. Und bleibt und bleibt. Trotzt stoisch jedem Versuch, ihn abzuschaffen. Auch wenn sein Wert kaum mehr Bedeutung hat. Oder gerade deswegen. Denn beim Fünfer geht es um Emotionen. Und die sind auch an diese Redewendung geknüpft, die uns Schweizer charakterisiert. Unsere Beziehung zur Welt. Unser Selbstverständnis. Dieser Stich ins rebellische Bünzliherz, wenn die Verhandlungen ums Rahmenabkommen mit der EU wieder einmal so beschreiben werden: Das Weggli und den Fünfer gibt es nicht.
Obwohl: Sinn macht die Fünfer-oder-Weggli-Geschichte schon lange nicht mehr. Der Fünfer oder das Migros-Plastiksäckli wäre treffender. Denn etwas anderes gibt es für fünf Rappen heute nicht mehr. Aber immerhin: einen Sack. Darin lässt sich auch ein Weggli durch die Gegend tragen.
Bewaffnete Männer holen das Fünfrappenstück mit ihrem Lastwagen jeweils ab. Und zwar in der Eidgenössischen Münzstätte Bern, oder besser Swissmint, wie sie heute heisst. Denn von dort kommt jeder einzelne Fünfer. 30 Millionen Stück wurden dieses Jahr produziert. Also 1,5 Millionen Franken. Aufs Mal kaufen kann man sich mit Fünfrappenstücken gerade mal einen Kaffee. Denn mehr als hundert Münzen muss per Gesetz niemand aufs Mal annehmen. Trotzdem geht die Sicherheit vor. Geld ist Geld. Der bewaffnete Transport bringt die Fünfer von der Münzstätte zur Schweizerischen Nationalbank. Dort lagern sie, bis sie in Umlauf gebracht werden. Je nach Bedarf. Frühestens 2020.
Beim Fünfer wird es schnell politisch
Chef über die Schweizer Münzen bei Swissmint ist Marius Haldimann. Und der achtet akribisch genau darauf, dass die Besucherin jedes Fünfrappenstück wieder in die Kiste zurücklegt. Die Fünfer in dieser Kiste werden vernichtet. Weil sie einen Fehler haben. Sichtbar ist der nicht. Verraten wird er auch nicht.
«Das Fünfrappenstück», sagt Haldimann, «ist eine sehr schöne Münze.» Darüber, ob es den Fünfer noch braucht, will Haldimann nichts -sagen. Das sei eine politische Frage. Es gibt einen Witz, der geht so: «Die Rechte will das Fünfrappenstück abschaffen, die Linke die 1000er-Note.» Das sage etwas über unsere politische Landschaft aus, sagt Haldimann und lächelt undurchsichtig.
Ehrlicherweise muss festgehalten werden, so politisch neutral war Swissmint nicht immer. Die Münzstätte selber war es, die dem Fünfer an den Kragen wollte. Als der Bundesrat 2004 beschloss, in jedem Departement die Kosten um fünf Prozent zu senken, schlug Swissmint vor, das Fünfrappenstück aufzugeben. Münzen ausser Kurs zu setzen, liegt in der Kompetenz des Bundesrats. Doch der traute sich nicht – wegen «der hohen Emotionalität». Also liess er eine Anhörung durchführen. Und es zeigt sich klar. Fast alle wollen den Fünfer behalten. Ausser die SBB und Economiesuisse. Der Bundesrat entschied also: Der Fünfer bleibt. Und Swissmint sparte anderswo. Der zweite Angriff kam 2012. Der St. Galler Nationalrat Roland Büchel (SVP) forderte in einem Vorstoss erneut dessen Abschaffung. Der Bundesrat blieb hart.
Faires Geld
Rappen und Franken waren aber nicht immer made in Switzerland. Ganz zu Beginn der Schweizer Eidgenossenschaft wurden die Münzen im Ausland produziert. In seiner Botschaft für die Errichtung einer eigenen Münzstätte schrieb der Bundesrat 1854 allerdings: «Die für die Schweiz in französischen Münzstätten fabrizierten Münzen liessen manches zu wünschen übrig.» Qualität musste her.
Um die ist Haldimann besorgt. Unten im Keller lagert das Material für die Fünfräppler. In sieben grossen Kisten sind die ungeprägten Rohlinge. Sie bestehen aus einer Kupfer-Aluminium-Nickel-Legierung. Die Rohstoffe stammen aktuell aus Deutschland und Südkorea. Der Auftrag wird öffentlich ausgeschrieben. Die Kriterien neben dem Preis: keine Kinderarbeit, der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen darf in der Produktionsfirma höchstens bei 5 Prozent liegen (in der Schweiz selber liegt er durchschnittlich bei 19,6 Prozent). Der Fünfer ist also fair. «Unser Geld ist sauber», hält Haldimann fest. Unsauber werde es nur durch den Besitzer, sagts und lächelt wieder undurchsichtig.
Dass jeder Rappen wertvoll ist, nimmt man bei Swissmint ernst. «Lichter immer löschen!», heisst es auf einem Aushang im Flur.
Der Fünfer, der 10 000 Franken wert ist
Die Fünfer-Produktion für dieses Jahr ist schon abgeschlossen. Sechs Wochen liefen die grossen Maschinen nur für ihn. Ein Prägestempel kann 1,5 Millionen Mal schlagen, bis die Qualität nicht mehr den Ansprüchen genügt. Dabei wird mit 30 bis 40 Tonnen auf den Rohling eingewirkt, damit aus ihm ein Fünferli wird. Auf der einen Seite ist dann Rebenlaub, das die Zahl Fünf umrankt. Auf der anderen Libertas – nicht etwa Helvetia. Libertas, die Personifikation der Freiheit in Form einer Frau. Eine Figur aus der römischen Mythologie.
Die Vorgabe des Bundesrats: Jeder Fünfer muss gleich aussehen. Dabei steigert es den Wert, wenn ebendas nicht der Fall ist. 1908 beispielsweise fehlte beim H von Helvetia der Querstrich. In vorzüglicher Qualität bekommt man dafür heute 75 Franken. Und 1971 hatte Libertas gar eine Warze auf der Nase. Was ihren Wert bei vorzüglicher Qualität um das 900-fache steigert. Am wertvollsten ist allerdings der Fünfer aus dem Jahr 1896. Für 10 000 Franken wird er gehandelt. Obwohl er makellos ist. Die Chance, einen solchen zu finden, ist leider winzig. Es gibt nur 16 Stück. Denn diese Fünfrappenstücke wurden damals zu Showzwecken an der Landesausstellung in Genf geprägt.
Manche Fünfräppler landen tatsächlich im Kehricht
Es gibt Schweizer, die das Fünfrappenstück in den Abfall werfen, um ihr Portemonnaie zu entlasten. Die Vorstellung lässt Swissmint-Chef Haldimann dann doch etwas sauer lächeln. Oder anders gesagt: verstummen. Er selber tut damit, was getan werden muss: benutzen. Auch beliebt: in einem Konfiglas sammeln.
Ein Fünfrappenstück kann Erstaunliches bewirken, das hat die Schweiz kürzlich erlebt. Oder wie ist es sonst zu erklären, dass sich die Nachfrage nach Plastiksäcken an der Migros-Kasse um 83 Prozent verringert hat, seit sie fünf Rappen kostet? Bei Coop ist es ähnlich. Er spart seither 850 Tonnen Plastik jedes Jahr. Der Fünfer ist ein verkannter Superstar.
Economiesuisse-Chefökonom Rudolf Minsch sieht das nicht so: «Ich persönlich könnte gut auf den Fünfräppler verzichten.» Der heutige Fünfräppler sei auch viel weniger wert, als er es 1981 war, als er seine goldene Farbe erhielt. Das übrigens geschah aus zwei Gründen: damit er nicht mehr mit dem Fünfzigrappenstück verwechselt wird und um Materialkosten zu sparen. Aber zurück zum Chefökonomen. Er erklärt, dass die damaligen fünf Rappen heute vergleichbar nur noch drei Rappen wert sind. Grund ist die Inflation. Sie frisst im Lauf der Zeit einen Teil des Werts des Geldes. «Darum machen ganz kleine Geldstücke keinen grossen Sinn mehr.» Minsch begrüsst es deshalb, dass der Ein- und Zweiräppler abgeschafft wurden. Und er ist überzeugt: «Der Fünfräppler wird irgendwann dasselbe Schicksal erleiden.»
Disziplinierungsfunktion
Die Konsumentenschützerin Sara Stalder sieht das anders. «Das Fünfrappenstück hat eine wichtige Brems- und Disziplinierungsfunktion.» Die Versuchung, Preise zu -erhöhen, sei immer gross. Begründungen dafür allerdings oftmals an den Haaren herbeigezogen. «Wären Preise nur noch in Zehn-Rappen-Schritten möglich, würden sich die Anbieter die Hände reiben.» Für Stalder ist klar: Das Fünfrappenstück mildert Teuerungsschritte ab. Also doch ein -Superstar, diese 1,8 Gramm leichte Münze?
Am Ende bleibt es eine emotionale Sache. Wir leisten uns den Fünfer. Obwohl er oft nervt. Vielleicht damit er uns piesackt. Jedes Mal, wenn er sich reinschleicht, ins Portemonnaie, und uns stumm sagt: Mich und das Weggli kriegst du nicht. Darum: Entscheide dich!
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