Die Woche begann mit einem orchestrierten Knall. Unter dem Label «Pandora Papers» legte ein Journalisten-Netzwerk Verbindungen von Prominenten und Potentaten zu Steueroasen wie den Bahamas und Panama offen.
Zu den Blossgestellten gehören Shakira und Elton John, Tony Blair und König Abdullah von Jordanien. Aus der Schweiz bleibt vor allem eine Atemtherapeutin aus dem Kanton Schwyz in Erinnerung.
Ein Fernsehteam des Norddeutschen Rundfunks besuchte sie gemeinsam mit einem Tamedia-Journalisten. Die Dame war offenbar durch eine Fügung des Schicksals zu dem Auftrag gekommen, ein Firmengeflecht der aserbaidschanischen Herrscherfamilie Aliyev zu betreuen. Ihr TV-Auftritt wirkt naiv. Sie habe sich anfangs halt nicht um «wer wie wo was» gekümmert, sagt sie, ihren Job dann schliesslich aber «cool» gefunden. Es entstand der Eindruck, dass sie mit der gleichen Unbedarftheit wohl auch für Darth Vader, Sauron und Lord Voldemort eine Briefkastenfirma einrichten würde.
Gewiss wirft die Story ein Schlaglicht auf die fragwürdige Rolle mancher Schweizer Anwälte und Finanzintermediäre im weltweiten – legalen – Offshore-Geschäft. Und wie auf Knopfdruck war die SP-Spitze zur Stelle. Sie kündigte umgehend ihren nächsten politischen Anlauf für ein verschärftes Geldwäschereigesetz an – die Schwyzerin im Dienste des Despoten vor Augen.
Es mag gute Gründe für dieses Anliegen geben. Bloss geht im Trommelfeuer gegen die Therapeutin ein anderes Aserbaidschan-Kapitel vergessen: In den vergangenen Jahren haben reihenweise Schweizer Bundesräte vor genau demselben Aliyev-Clan den Kotau gemacht, der jetzt der Schwyzerin zum Verhängnis wird.
Augen zu und durch
Wenn es darum ging, den wichtigen Erdgaslieferanten am Kaukasus bei Laune zu halten, sah die Diplomatie grosszügig über mutmassliche Menschenrechtsverletzungen, Kriegstreiberei und halbdunkle Geschäfte hinweg.
Besonders pikant: Zu den eifrigsten Baku-Pilgern gehörte die ehemalige Aussenministerin Micheline Calmy-Rey – eine Parteigenossin ebenjener Sozialdemokraten, die jetzt mobilmachen. 2011 säuselte sie von den «privilegierten Beziehungen» zwischen den beiden Staaten.
Aufgrund ihrer rigideren Finanzplatz-Politik hat die Schweiz als Schwarzgeld-Tresor massiv an Bedeutung verloren. Viel zentraler für Despoten und Diktatoren sind lukrative staatliche Direktinvestitionen in der Eidgenossenschaft. Da spielt die offizielle Schweiz einen wichtigeren Part als einzelne Treuhänder. Regimes machen sich im Genfer Immobilienmarkt breit, kaufen sich in hiesige Banken ein, erwerben Hotelgruppen oder betreiben – wie Aserbaidschan – ein Tankstellennetz.
Noch verworrener wird die Sache, wenn man die Geopolitik berücksichtigt: Das Land am Kaspischen Meer dient Israel als Operationsbasis gegen das iranische Atomprogramm, Präsident Ilham Aliyev ist Jerusalems wichtigster lokaler Verbündeter. So betrachtet stünde die Atemtherapeutin quasi wieder auf der richtigen Seite. Das fände sie sicher auch cool.