Seit vier Wochen heisst es für Postkunden Code statt Marke. Per SMS oder über die Smartphone-App des Gelben Riesen können sie einen Code anfordern und diesen auf dem Couvert notieren. Fr. 1.20 kostet eine solche SMS-Briefmarke. Abgerechnet wird über das Handy-Abo.
Das hört sich toll an. Doch in der Realität tut sich die Post schwer beim Schritt ins digitale Zeitalter: Beim landesweiten Pilotversuch, der auf ein Jahr angelegt ist und technisch von Swisscom und Sunrise unterstützt wird, gibt es vier Wochen nach dem Start massive Probleme.
Ein Test von SonntagsBlick zeigt: Sämtliche Briefe, die in unterschiedlichen Kantonen der Deutschschweiz mit A-Post-Code verschickt wurden, kamen zwar rechtzeitig an. Doch Geld verdiente der Postkonzern damit nicht. Denn die im Test verwendeten A-Post-Codes waren frei erfunden. Sie wurden gemäss Musterbeispiel der Post auf den Briefcouverts notiert (siehe unten), aber ohne gültige Frankatur verschickt. Der Pöstler trug sie pünktlich aus, eine Forderung zur Nachzahlung des Portos blieb aus.
Briefversand zum Nulltarif: Ist das der neue Service public der Schweizerischen Post?
Das Unternehmen gibt sich erstaunt, als SonntagsBlick die Testresultate vorlegt. «Die Post geht davon aus, dass Kundinnen und Kunden für die Nutzen einer kostenpflichtigen Dienstleistung bezahlen», teilt es mit. Und gibt zu: «In der Anfangsphase prüfte die Post die mit SMS-Briefmarken frankierten Briefe in Stichproben.»
Im Klartext: Das Unternehmen nimmt in Kauf, dass Briefe ohne gültigen Code verschickt werden. Die Testphase diene dazu, «Funktionalitäten und Konrollmechanismen pragmatisch zu analysieren und weiterzuentwickeln», so die Post weiter.
«Es ist schon ein Problem»
Über das Testresultat sprach SonntagsBlick auch mit Mitarbeitern der Briefabfertigung. Sie wollten anonym bleiben. Die Angestellten sind offenbar unsicher, wie sie mit den SMS-Briefmarken umgehen sollen. Briefe mit Verdacht auf einen gefälschten Code winken sie im Zweifelsfall kurzerhand durch.
Die Post verspricht nun Besserung. «Bereits in den nächsten Tagen geht die Post zu einer fast 100-prozentigen Überprüfung der SMS-Briefmarken über.» Dadurch werde die Möglichkeit, einen Brief mit fehlerhaftem Code zu senden, weiter minimiert.
Konsumentenschützer bleiben skeptisch. Michel Rudin (28) vom Konsumentenforum hatte beim Teststart bereits den Aufschlag von 20 Prozent gegenüber herkömmlichen A-Post-Marken kritisiert. Nun sieht er sich bestätigt: «Konsumenten greifen für die SMS-Briefmarke tiefer in die Tasche und erfahren erst aus der Zeitung, wie andere für den gleichen Dienst gar nichts zahlen – bei einem Staatsbetrieb geht das nicht», so Rudin.
Auch Preisüberwacher Stefan Meierhans kritisiert die fehlende Kontrolle: «Wenn es so einfach ist, ein Wertzeichen zu fälschen, ist das schon ein Problem.» Für die Ausfälle müsse die ehrliche Kundschaft aufkommen. Er rät der Post, den Versuch einzustellen, «solange eine betrügerische Nutzung möglich ist». Ein Übungsabbruch ist für die Post aber kein Thema.
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