Die Polizei ist machtlos
Der Raser-Ring von Olten

Seit Jahren formieren sich im Kanton Solothurn Raser und machen die Region unsicher. Doch niemand kann die Irren bremsen.
Publiziert: 14.11.2015 um 00:00 Uhr
|
Aktualisiert: 07.10.2018 um 13:47 Uhr
1/10
Domenico F.: Er rast in Oftringen AG in seinem BMW mit 118 km/h – innerorts! Wohnhaft ist er in Trimbach.
Von Ralph Donghi

Das Niederamt zwischen Olten und Schönenwerd im Kanton Solothurn gilt seit Jahren als Raser-Hochburg. Die Kantonspolizei schlägt noch nicht Alarm, doch BLICK fiel auf: Es gibt zahlreiche Raser-Unfälle und Tempo-Exzesse – und immer wohnen die Lenker im Niederamt.

Die unheimliche Serie beginnt mit einem Rennen, bei dem Nekti T.* (damals 18) die unschuldige Lorena W.* († 21) tötet. Es folgt Rentnerin Sonja V.* († 68), die totgefahren wird. Der Lenker ist gerade mal 16 Jahre alt.

Dann wieder sind es Raser, die mit ihrem Auto auf dem Dach landen. Oder unbelehrbare Beifahrer, die später hinter dem Steuer selbst mit 143 km/h durch Ortschaften brettern. Andere Raser sind Nachbarn, die nur zwei Häuser voneinander entfernt wohnen. Oder Verkehrssünder, die im Nachbarkanton Aargau bolzen – und auch im Niederamt wohnen.

Die Raser scheinen unbelehrbar. Am 25. September wird in Niedergösgen ein Kosovare (19) geblitzt. Mit 130 statt der erlaubten 60 km/h. Der neuste Fall: In Olten fährt Elvidon N.* (21) mit 107 km/h in eine mobile Radaranlage – auch er wohnt in Schönenwerd.

Es ist offensichtlich: Im Niederamt formieren sich seit Jahren junge Raser und machen die Region unsicher. Viele sind der Polizei noch gar nicht bekannt. Ihre Boliden – geleast oder von Papi ausgeliehen – sind ihnen heilig. So wie die Freundschaft zu anderen Rasern. Oft kennt man sich direkt. Oder eben über schnelle Umwege.

BLICK weiss: Die Raser fahren die Strecken zuerst im Normaltempo ab. Ist keine Radaranlage auszumachen, brettern die Raser kurz darauf vorbei. Wenn die Polizei gerufen wird, sind die Rowdys meist schleunigst weg. Zumal die Anwohner bei diesen Geschwindigkeiten die Kennzeichen nicht erkennen können. Wird doch einmal ein Raser erwischt, bleibt er kaum länger als eine Nacht in Haft.

Wer bremst die Irren vom Niederamt? Yves Staub, Chef Verkehrstechnik der Kantonspolizei Solothurn: «In besagter Region ist uns kein grundsätzliches Raserproblem bekannt.» Dennoch: «Die konsequent durchgeführten Kontrollen zeigen immer wieder Geschwindigkeitsübertretungen.» Dass aber Raser vorgängig die Örtlich­keiten inspizierten, habe man bisher nicht beobachtet, sagt Staub.

Einen Schlag gegen die Raser plant die Polizei nicht: «Wir gehen mit präventiven und repressiven Massnahmen konsequent gegen Schnellfahrer und Raser vor.» Jederzeit und auf sämtlichen Strassen im Kanton.

Die grössten Probleme hat die Polizei mit den modernen Kommunikationsmitteln und sozialen Medien. «Vor allfälligen Polizeikontrollen kann sehr schnell und ohne Entdeckungsrisiko gewarnt werden», so Staub. Ein weiteres Problem: «Die Grundeinstellung und Selbstüberschätzung gewisser Fahrzeuglenker, welche der Ansicht sind, sie seien die besten und sichersten Fahrer.»

Staub appelliert an Eltern und Mitfahrer. Sie sollten klar zu verstehen geben, «dass ein solches Verhalten nicht cool ist und nicht unterstützt wird». Es sei wichtig, die Fahrer auf Gefahren, Risiken und Folgen aufmerksam zu machen.

Während einer Schnellfahrt sollten Mitfahrer verlangen, dass das Tempolimit einge­halten werde. Ansonsten: «Mit aller Konsequenz zum Anhalten auffordern und das Auto verlassen», so Staub. «Lieber mit ­einem Taxi oder einem anderen Kollegen, der sich auf der Strasse zu benehmen weiss, sicher ans Ziel oder nach Hause gelangen.»

*Namen der Redaktion bekannt

Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?