Letzten Samstag hat BLICK über aussergewöhnliche Schulwege berichtet. Noel (10) aus Märwil TG muss zum Beispiel jeden Tag fast zwei Stunden lang allein zur Schule radeln. Seine Mutter Liliane Gundlach (52) fühlt sich von den Behörden im Stich gelassen.
Jetzt haben sich weitere Eltern aus der ganzen Schweiz gemeldet, deren Kinder einen speziellen Schulweg haben. Wie etwa Bäuerin Carmen Cottier (37) aus Jaun FR.
Ihre Tochter Lea (13) muss seit August fast eineinhalb Kilometer zu Fuss gehen, bei einer Sammelstelle im Dorf in einen Schulbus steigen und bis nach Freiburg in die Oberstufe fahren! Das sind jeden Morgen rund 45 Kilometer hin und gegen Abend wieder zurück. Eine Fahrt dauert dabei gut 55 Minuten.
Mittagessen ebenfalls auswärts
«Das ist viel», sagte die 13-Jährige gestern im Beisein ihrer Mutter und weiteren Gschpändli zu BLICK. «Ich muss ziemlich früh aufstehen und verliere so jeden Tag gut zwei Stunden. Denn im engen Büssli kann ich nicht mal meine Hausaufgaben machen.» Das Mittagessen muss Lea auch in Freiburg einnehmen. Bezahlt wird es nicht, das müssen die Eltern tun.
Lea ist nicht die Einzige, die es betrifft. «Wir sind 23 Oberstufenschüler aus unserem Dorf, die Montag, Dienstag und Mittwoch um 7 Uhr zur Abfahrt bereitstehen müssen», sagt die 2.-Sek.-Schülerin. «Am Donnerstag und Freitag müssen wir gar um 6.15 Uhr parat sein.»
Keinen qualifizierten Lehrer gefunden
Der Grund für die Odyssee: Der einzige Lehrer, der bisher an der Orientierungsschule in Jaun unterrichtete, hat gekündigt. Und trotz Inseraten ist kein qualifizierter Nachfolger gefunden worden. Eine andere Option gibt es nicht. Deshalb werden die 13- bis 16-jährigen Oberstufenschüler seit dem neuen Schuljahr nun in der deutschsprachigen Orientierungsschule Freiburg unterrichtet.
«Wir wurden von den Behörden korrekt informiert. Es wurde wohl auch das Beste aus der Situation gemacht. Und wir möchten auch niemanden verurteilen», sagt Lea. «Doch drei Jahre diesen megalangen Weg auf uns nehmen – das macht keine Freude!» So lange soll der Schulbus die Schüler noch ins entfernte Freiburg fahren. Der Bus sei «nur eine Übergangslösung», versicherte Patrice Borcard, der Oberamtmann des Bezirks Greyerz, im August der «NZZ». Gemeindeammann Jean-Claude Schuwey war gestern für BLICK für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Lea jedenfalls wünscht sich für die Zukunft wieder einen Oberstufenlehrer im Dorf. Aber sie weiss auch: «Wenn es nicht geht, müssen wir es akzeptieren, wie es ist. Was bleibt uns anderes übrig?»
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