Seyran Ates wird nach diesem Gespräch noch über Hass im Internet sprechen. Das macht die Rechtsanwältin und ausgebildete Imamin nicht irgendwo, sondern in der von ihr mitgegründeten liberalen Ibn-Rushd-Goethe-Moschee im Berliner Ortsteil Moabit. Dort wird die 56-Jährige ein paar Stellen aus dem Koran zitieren, auf andere Religionen verweisen. Dass sie das als Frau macht, gefällt radikalen Muslimen nicht. Ates steht darum unter Personenschutz. Im Interview mit BLICK erzählt sie, warum sie sich nicht nur um sich selbst sorgt.
BLICK: Guten Morgen, Frau Ates. Wie haben Sie geschlafen?
Seyran Ates: Recht gut, vielen Dank.
Ich frage, weil Sie auf Facebook geschrieben haben: Sie haben Angst, dass Sie eines Tages aufwachen und das Land islamisiert ist. Woran machen Sie Ihre Beobachtungen genau fest?
Es gibt viele Bildungseinrichtungen, die etwa vom Iran und von Katar finanziert werden – da werden Dinge verbreitet, die absolut gegen unsere Werte sind. Trotzdem werden sie nicht geschlossen.
Auch in der Schweiz?
Klar. Meine Freundin Saïda Keller-Messahli hat einiges dazu geschrieben. In Genf gibt es ganz konkret das 1961 gegründete Islamische Zentrum. Es ist kein Geheimnis, dass dessen Leiter Hani Ramadan als Erbe eines der führenden Aktivisten der Muslimbruderschaft ein erklärtes Ziel hat: die Islamisierung Europas.
Sie finden, dass europäische Staaten die Islamisten indirekt unterstützen.
Die Kataris haben in ganz Europa Sozial- und Bildungseinrichtungen gegründet, über die sie ihre Ideen einführen. Die Staaten schliessen die Einrichtungen trotzdem nicht. Oder nehmen wir England: Dort regeln «Scharia-Gerichte» in Moscheen familienrechtliche Streitigkeiten am Zivilgericht vorbei – toleriert vom Staat. In Deutschland wird der islamische Religionsunterricht häufig von bestimmten Moschee-Gemeinden und Verbänden durchgeführt. Da sieht man sehr schnell, wie sich Kinder plötzlich religiös und fromm verhalten.
In Basel weigerten sich vor drei Jahren zwei Brüder, ihrer Lehrerin die Hand zu geben. Ist das nicht ein schockierender Einzelfall?
Nein. Viele Vorfälle kommen einfach nicht an die Öffentlichkeit. Lehrer und Schulleiter machen sie nicht öffentlich, weil sie Angst haben, rechte Parteien auf den Plan zu rufen. Im gesamten europäischen Strassenbild können sie heute kleine Kinder mit Kopftuch sehen, es gibt kaum noch Schwimmunterricht, Burkinis sind normal, und Klassenfahrten finden nicht mehr statt, weil Kinder nicht mehr mitfahren dürfen.
Sie sprechen von einer Art Selbstzensur?
Man ist ganz schnell dem Vorwurf ausgesetzt, rechte islamfeindliche Parteien zu bedienen – weil das Stichwort «Islamisierung Europas» etwas ist, das für Wahlkampagnen von Populisten benutzt wird. Und weil das so benutzt wird, trauen sich viele nicht, Probleme offen anzusprechen. Es gibt aus meiner Perspektive einen grossen Unterschied zwischen medienöffentlichen Einzelfällen und der Wahrnehmung vieler Menschen.
Geht es anders?
Wir sind zu sensibel geworden. Als ich in den Siebzigern als Gastarbeiterkind nach Deutschland kam, war islamischer Religionsunterricht oder nicht zum Schwimmunterricht zu gehen kein Thema.
Und das war besser?
Selbstverständlich! Weil wir Muslime viel mehr zu dem Land, in dem wir leben, gehört haben. Schule war religionsfrei. Heute müssen sich Lehrer damit auseinandersetzen, dass schon Grundschulkinder fasten – und dann zusammenbrechen.
Was ist das Problem, wenn Kinder das gern machen möchten?
Es hat nichts mit Religion zu tun, wenn Kindern Frömmigkeit aufgedrückt wird, die sie nicht verstehen. In Deutschland fängt die Religionsmündigkeit mit 14 Jahren an, in der Schweiz sogar erst mit 16.
Was empfehlen Sie?
Wir müssen die Islamisten mit ihren eigenen Waffen schlagen: Neben deren Zentren braucht es liberale Moscheen in jeder Stadt, eine echte Bildungsoffensive. Und: Mehr Ehrlichkeit in Debatten. Wenn jemand homophobe Dinge von sich gibt, darf man das nicht mit Verweis auf die Religionsfreiheit relativieren. Und wir dürfen nicht mehr jeden, der sich kritisch zum Islam äussert, als «rechts» bezeichnen. Am Ende geht es um die Verteidigung der allgemeinen Menschenrechte. Wir reden über Menschen, die islamisches Recht einführen wollen.
Seyran Ates (56) ist eine Berliner Rechtsanwältin, Autorin und Frauenrechtlerin. Sie liess sie auch zur Imamin ausbilden. Im Alter von sechs Jahren kam sie mit ihrer Familie – die Mutter Türkin, der Vater Kurde – nach Deutschland. Mit 17 überwarf sie sich mit ihrer traditionellen Grossfamilie, zog von zu Hause aus und begann, sich für unterdrückte Mädchen und Frauen einzusetzen. 1984 überlebte sie einen politischen Anschlag. Ates hat mehrere Bücher veröffentlicht und kämpft vor allem gegen religions- und traditionsbedingte Gewalt an Frauen und Kindern wie Zwangsehen, gegen Ehrenmorde und gegen häusliche Gewalt.
Seyran Ates (56) ist eine Berliner Rechtsanwältin, Autorin und Frauenrechtlerin. Sie liess sie auch zur Imamin ausbilden. Im Alter von sechs Jahren kam sie mit ihrer Familie – die Mutter Türkin, der Vater Kurde – nach Deutschland. Mit 17 überwarf sie sich mit ihrer traditionellen Grossfamilie, zog von zu Hause aus und begann, sich für unterdrückte Mädchen und Frauen einzusetzen. 1984 überlebte sie einen politischen Anschlag. Ates hat mehrere Bücher veröffentlicht und kämpft vor allem gegen religions- und traditionsbedingte Gewalt an Frauen und Kindern wie Zwangsehen, gegen Ehrenmorde und gegen häusliche Gewalt.
König-Faysal-Moschee in Basel
Der jüngste Fall von Hasspredigten in Schweizer Moscheen hat sich in Basel zugetragen. In der König-Faysal-Moschee rief der syrische Imam «Scheich Omar» alias Ibrahim Anfang Juni zum Heiligen Krieg gegen Ungläubige, zum bewaffneten Dschihad, auf.
Moschee Petit-Saconnex in Genf
In der Genfer Moschee haben sich die beiden Schweizer Konvertiten Nicholas P.* (33) und Kevin Z.* (25) kennengelernt und radikalisiert. Sie stehen in Verbindung mit der Enthauptung der beiden skandinavischen Backpackerinnen Maren Ueland (†28) und Louisa Jespersen (†24) im Dezember 2018 in Marokko. Dort wurden sie auch verhaftet.
Ar’Rahman-Moschee in Biel BE
Der Hassprediger und Imam Abu Ramadan hat die Vernichtung von Nicht-Muslimen bei einem Freitagsgebet gefordert. Im August 2017 wurde der Fall publik. Im März 2018 hat die Staatsanwaltschaft Berner Jura – Seeland gegen Ramadan ein Strafverfahren wegen Verdacht auf Rassendiskriminierung eingeleitet.
An'Nur-Moschee in Winterthur ZH
Im Herbst 2016 hat der äthiopische Imam Abdirahman J.** (26) beim Gebet zum Töten und Verbrennen von Muslimen, die sich nicht an die Gebetszeiten halten, aufgerufen. Ende 2017 wurde er vom Winterthurer Bezirksgericht verurteilt. Im Mai 2019 wurde J. nach Somalia ausgeschafft. Dominique Rais
* Namen bekannt
** Name geändert
König-Faysal-Moschee in Basel
Der jüngste Fall von Hasspredigten in Schweizer Moscheen hat sich in Basel zugetragen. In der König-Faysal-Moschee rief der syrische Imam «Scheich Omar» alias Ibrahim Anfang Juni zum Heiligen Krieg gegen Ungläubige, zum bewaffneten Dschihad, auf.
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