Prostituierte bestimmten Alfredo Lardellis († 59) Leben. 1985 tötete er zwei Dirnen sowie einen Mann und musste 20 Jahre hinter Gitter. Zum Zeitpunkt seiner Verhaftung soll Lardelli zwei Millionen Franken Schulden gehabt haben. Pro Woche habe er allein für Huren 10 000 Franken ausgegeben. «Links und rechts eine schöne Frau – das war mein Markenzeichen», sagte er in einem Interview.
Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis 1999 nahm Lardelli den Namen seiner neuen Ehefrau Borgatte dos Santos an und gab sich als Rechtskonsulent aus. Spezialgebiet: das Rotlichtmilieu.
Lardelli vertrat Bordellbesitzer und Leute, die es gerne geworden wären. Sein Selbstbewusstsein kannte keine Grenzen. In St. Gallen eröffnete er 2008 ein Puff direkt neben einer Schule. Das Gesuch dafür reichte er erst ein halbes Jahr nach der Eröffnung ein – es wurde abgelehnt.
«Er hat durch sein Treiben als Quasi-Anwalt viel Schaden angerichtet», sagt Milieu-Anwalt Valentin Landmann. «Bei einigen Bordellprojekten war es von Anfang an aussichtslos, eine Bewilligung zu erhalten.» Oft hätten sich Lardellis Klienten bei Landmann gemeldet – nicht wenige wurden falsch beraten und standen vor einem Scherbenhaufen.
Berüchtigt war Lardelli für seine juristischen Winkelzüge. In Wagen SG wehrten sich die Anwohner gegen ein Puff. Daraufhin liess Lardelli die Türen abschliessen. Freier mussten klingeln, um ins Gebäude zu gelangen. Aus einem Puff wurden so Studios, deren Bewohnerinnen «ein wenig kreativ» sein müssen, um die Miete zu bezahlen, argumentierte Lardelli in den Medien.
Lardelli hatte in seinem Leben viele Frauen. Eine gleichberechtigte Beziehung wollte der «kleine Napoleon», wie er sich nannte, nicht. Über eine Ex-Partnerin sagte er im SRF: «Ich liebte sie nicht. Sondern war begeistert – wie einer, der einen Ferrari fährt.» Zu viel für den Interviewer: «Sie sind ein unmoralischer Mensch, wie sie mit Frauen umgehen», lautete das Fazit des SRF-Mannes.
Auch im Kleinkredit-Geschäft mischte Lardelli mit – als Rechtsberater des albanischen Kreditvermittlers Lulzim Aliu (50). Dieser war jahrelang der beste Verkäufer der Kleinkreditbank Cembra Money Bank (früher GE Money Bank). Seinen Landsleuten in der Schweiz vermittelte er jährlich Kredite von 40 Millionen Franken.
Als Cembra 2012 Aliu fallen liess, startete Lardelli einen Rachefeldzug. Er veröffentlichte Interna der Bank: Das Institut hat eine branchenweite Datenbank mit Kundendaten missbraucht und Aliu mit hochsensiblen Informationen versorgt. Die Schadenersatzforderung über 13,8 Millionen Franken liegt beim Bundesgericht.
Trotz Lardellis Sendungsbewusstsein: Als er diese Woche nach langer Krankheit an multiplem Organversagen starb, nahm er viele Geheimnisse mit ins Grab. Denn: Was man Geschichten-König Lardelli glauben konnte und was nicht wusste niemand so genau. Vielleicht wusste er es irgendwann selber nicht mehr.