Die Debatte über Petra Gössi
«Ihr Deutschschweizer braucht mehr Disziplin!»

Warum ist die abtretende FDP-Chefin Petra Gössi den Romands etwas peinlich? Und wieso muss ein Deutschschweizer ihr Nachfolger werden? Christian Dorer und Michel Jeanneret kreuzen die Klingen.
Publiziert: 20.06.2021 um 12:22 Uhr
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Aktualisiert: 20.06.2021 um 20:35 Uhr
  • «Petra Gössi ist für viele Romands etwas peinlich.»
  • «Die FDP hat in der Deutschschweiz ein Problem, also braucht es einen Deutschschweizer an der Spitze.»
  • «Gössi fehlte die notwendige Autorität.»
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Christian Dorer, Chefredaktor der Blick-Gruppe, und ...
Foto: Helmut Wachter / 13 Photo
Christian Dorer, Chefredaktor Blick-Gruppe, und Michel Jeanneret, Chefredaktor Blick Romandie

Christian Dorer: Was haltet ihr Romands von Petra Gössi?

Michel Jeanneret: Sie ist für viele Romands etwas peinlich. Ihr Französisch ist schlecht, und man kennt sie fast nur vom Fall Pierre Maudet: Sie forderte lauthals seinen Rücktritt, doch er ignoriert sie einfach. In der Politik ist es wie bei kleinen Kindern: Wer einen Befehl austeilt, muss sicherstellen, dass er auch befolgt wird, sonst verliert man jede Glaubwürdigkeit.

Dorer: Oder stört es die Romands einfach, wenn sich eine Deutschschweizerin in Genf einmischt?

Jeanneret: Das auch. Selbst die grosse Mehrheit in der FDP, die gegen Maudet war, ärgerte sich über Gössis Einmischung. Sie wollten das selber lösen. Wie kommt Petra Gössi in der Deutschschweiz an?

Dorer: Als sie 2016 gewählt wurde, fragten viele: Petra wer? Die meisten kannten sie nicht und staunten, dass eine unbekannte Politikerin Chefin der staatstragenden FDP wurde. Dann überraschte sie positiv: Sie zog den Kurswechsel in Umweltfragen praktisch im Alleingang durch. Doch dann verpasste sie es, die beiden Flügel ihrer Partei einzubinden, den konservativen und den progressiven. So erodierte ihre Akzeptanz, sie blieb auffällig passiv und hatte die Partei je länger, desto weniger unter Kontrolle.

Jeanneret: Den Kampf der beiden Parteiflügel kenne ich nur aus den Deutschschweizer Medien. Obwohl auch in der Romandie nicht alle die gleiche Meinung haben, sprechen die starken FDP-Figuren wie Christian Lüscher, Philippe Nantermod oder Olivier Feller immer mit einer Stimme. Das gelingt der FDP in der Romandie sehr viel besser.

Dorer: Eine gemeinsame FDP-Stimme zu etablieren, wäre auch in der Deutschschweiz die Aufgabe der Präsidentin gewesen. Petra Gössi fehlte dazu die notwendige Autorität. Beispiel: Die Partei war offiziell für das Rahmenabkommen, aber immer mehr wichtige Exponenten äusserten sich dagegen. Dasselbe beim CO2-Gesetz. Und dann hat die FDP mit Cassis und Keller-Sutter zwei Bundesräte, die sich gegenseitig als Konkurrenten sehen, weil beide Angst haben, dass sie 2023 nicht wiedergewählt werden. Chaos pur quer durch die ganze Partei!

Jeanneret: Als Romand sollte ich einen Romand als Nachfolger fordern! Oder wie bei der SP ein Co-Präsidium, aber mit mindestens einem Romand.

Dorer: Wer könnte das sein?

Jeanneret: Die starke Figur ist Philippe Nantermod. Er ist als FDP-Vizepräsident sehr präsent. Er wäre aber die falsche Person: Die FDP hat in der Deutschschweiz ein Problem, also braucht es einen Deutschschweizer an der Spitze. Wer könnte das sein?

Dorer: Dem neuen Präsidenten muss es gelingen, beide Parteiflügel einzubinden. Andri Silberschmidt hätte diese integrative Kraft. Er könnte den Luzerner Ständerat Damian Müller vom grünen Flügel und den Aargauer Ständerat Thierry Burkart vom rechten Flügel als seine Vizepräsidenten einbinden. Alle drei sind vernünftig genug zu wissen, dass die FDP nur miteinander Erfolg haben kann.

Jeanneret: Diese zwei Flügel zu einen, wird so oder so nicht möglich sein!

Dorer: Nicht einen, aber unter Kontrolle halten.

Jeanneret: Wie lustig: In diesem Fall braucht ihr Deutschschweizer mehr Disziplin!

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