«Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland», lautet der Einstieg der deutschen Nationalhymne. Die Gleichstellungsbeauftragte des Bundesfamilienministeriums, Kristin Rose-Möhring, findet diese Textpassage nicht zeitgemäss und fordert eine geschlechtsneutrale Anpassung.
Anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März soll aus «Vaterland» «Heimatland» werden. Und die Zeile «brüderlich mit Herz und Hand» neu «couragiert mit Herz und Hand» heissen. Das schrieb Rose-Möhring in einem Rundbrief an alle Mitarbeiter des SPD-geführten Ministeriums, berichtet die «Bild am Sonntag».
«Es macht nicht so viel Sinn»
Die Präsidentin der Schweizer Juso, Tamara Funiciello (27), hält den Vorschlag der deutschen Frauenbeauftragten für inkonsequent. «Es macht nicht so viel Sinn», sagt Funiciello zu BLICK. Denn Nationalhymnen seien da, um den «Mythos der Zugehörigkeit von Menschen zu einer Nation zu stärken», und könnten gar nicht feministisch sein.
Auch im Schweizer Psalm ist die Rede von «Vaterland», doch eine geschlechtsneutrale Anpassung des Textes ist für Funiciello nicht das zentrale Anliegen. «Ich bin grundsätzlich gegen die Nationalhymne und würde sie lieber durch die Internationale ersetzen, denn die ist für alle Menschen – egal, welche Passfarbe sie haben», sagt sie.
Die Internationale ist ein Lied der sozialistischen Arbeiterbewegung, das in mehrere Sprachen übersetzt wurde.
«Diskriminierende Sprache»
Auch Mirjam Aggeler vom Verein Feministische Wissenschaft Schweiz hält grundsätzlich wenig von Nationalhymnen. Dennoch ist sie der Ansicht, dass das Wort «Vaterland» von einer «patriarchalen Kultur zeugt und damit Teil eines diskriminierenden Denkens ist», wie sie zu BLICK sagt.
Eine Abänderung in «Heimatland», wie das Rose-Möhring fordert, hält Aggeler darum nicht für abwegig. «Wäre ich dafür, dass es Nationalhymnen gibt, wäre ich dafür, dass dies geändert würde. Für mich macht es allerdings keinen Sinn, den Inhalt einer Nationalhymne zu diskutieren, welche schlicht in ihrer Existenz bereits Ausdruck einer Denkstruktur ist, die Nationalität zu einem identitätsstiftenden Faktor macht.»
Kanadas und Österreichs Hymnen bereits genderneutral
Österreich und Kanada haben ihre Nationalhymnen bereits geändert. In der österreichischen Hymne wird nicht mehr von «Heimat bist du grosser Söhne», sondern von «Heimat grosser Töchter und Söhne» gesungen. Und die zweite Zeile der kanadischen Hymne «true patriot love, in all thy sons command» in «in all of us command» angepasst.
Die Herausgeberin des Vereins Fembit, Theres Blöchlinger, findet die Idee, «den patriarchalen Sprachgebrauch» zu ändern, gut. «Nach meiner Meinung spricht nichts dagegen, dass dies versucht wird. Ich begrüsse die Idee», sagt sie zu BLICK. (man)