Der Welpenhandel im Internet floriert
Arme Hunde!

Immer mehr Hunde werden übers Internet verkauft. Wegen falscher Tierliebe leiden vor allem Mode-Hunde. Jetzt will der Bundesrat für eine strengere Regelung sorgen.
Publiziert: 16.12.2017 um 23:47 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 21:40 Uhr
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Elendes Hundeleben: Ein Spitz auf einer illegalen Farm in Polen.
Foto: Vier Pfoten
Katja Richard

Ein flauschiger Spitz oder ein stupsnasiger Mops – wenige Mausklicks genügen, und bald darf man den künftigen Liebling in die Arme nehmen.

Von rund 50'000 Hunden, die jährlich neu registriert werden, stammt etwa die Hälfte nicht aus der Schweiz – Tendenz steigend. Doch im Netz herrscht unkontrollierter Wildwuchs. «Hier tummeln sich unseriöse Anbieter», so Martina Schybli vom Schweizer Tierschutz STS.

Pünktlich zu Weihnachten kommt im Bundesrat nächste Woche eine Änderung der Tierschutzverordnung auf den Tisch. Wer einen Hund zum Verkauf anbietet, soll sich künftig mit Namen und Adresse zu erkennen geben. Kommt das Traktandum durch, tritt die Regelung voraussichtlich im Frühling 2018 in Kraft.

Die Tiere kommen aus Osteuropa

«Das ist ein erster und sehr wichtiger Schritt, aber noch längst nicht ausreichend», so Schybli. Auch vollständige Informationen zum Tier wie Herkunftsland und Chipnummer seien wichtig. In vielen Inseraten mit süssen Modehunden werde hemmungslos gelogen. Oft stammten die Tiere von sogenannten Welpenfarmen, etwa aus ehemaligen Ostblockländern wie Ungarn, Polen oder Tschechien. «Die Zustände sind erbärmlich», so Lucia Oeschger der Tierschutzorganisation Vier Pfoten.

Die war im November bei der Räumung einer polnischen Farm beteiligt, wo Hunde an Ketten und im Schmutz vor sich hinvegetierten. Offene Wunden waren zu sehen, in den beengten Verhältnissen breiteten sich Parasiten, Infektions- und Viruserkrankungen aus. Ähnliches berichtet Tierschützerin Susy Utzinger.

Bei einer Rettungsaktion in Ungarn fand sie 159 Hunde vor, die in Kanninchenställen eingesperrt waren: «Unter dem Deckmantel von Reinrassigkeit litten sie an Atem- und Herzproblemen, sie hatten offene Fontanellen und epileptische Anfälle.»

Oft werden die Welpen viel zu jung an ihren künftigen Besitzer geliefert. «Manche sind erst drei Wochen alt, wenn man sie von ihrer Mutter und den Geschwistern wegnimmt», sagt Julika Fitzi vom Schweizer Tierschutz. «Das hat verheerende Folgen für die soziale Entwicklung.»

«Ein lukratives Geschäft»

Die Veterinärin ist Expertin für den illegalen Hundehandel: «Es ist ein lukratives Geschäft, in diesen Regionen gibt es genug billiges Land und zu wenig Kontrollen.» Fitzi schätzt aufgrund von Studien, dass pro Jahr in den Ländern der Euro­päischen Union etwa 552'000 Hunde in einem Gesamtwert von rund 66 Millionen Euro gehandelt werden – an den Grenzen registriert wird aber nur ein Bruchteil dieser Tiere.

Auch in der Schweiz floriert das Geschäft mit Hunden aus dem Ausland. «Wer einen Rassehund will, bezahlt für einen Welpen mit Abstammung um die 2000 Franken. Die Nachfrage ist gross, oft muss man auf seinen Traumhund monatelang warten», so Fitzi.

Wa(h)re Hundeliebe

Kommentar von Katja Richard, Redaktorin SonntagsBlick

Ein paar Mausklicks, und schon wird die Ware ins Haus geliefert: eine Pizza, die letzte Designerhandtasche – wa­rum nicht auch ein Hund? Hauptsache, er hat die richtige Farbe und Rasse – auf dem Foto in der Anzeige blickten seine Augen so lieb, vielleicht sogar ein bisschen traurig. Keine Sorge, wir werden ihn schon glücklich machen!

Die Übergabe findet meist durch einen Dealer statt, manche holen ihre Marken-Wauwaus auch auf einer Autobahnraststätte hinter der Grenze ab.

Der Hundehandel im Internet floriert, darunter leiden vor allem modische Rassehunde auf Vermehrstationen – so lautet der Fachbegriff für Tierfabriken, in denen katastrophale Zustände herrschen. Kleine Hunde bringen in Ländern wie Polen und Ungarn grosses Geld. Der Hundehandel hat in Europa mafiöse Strukturen angenommen. Das Internet ist die ideale Plattform, um die begehrte Ware mit Jöö-Effekt zu verdealen.

Jetzt kommt im Bundesrat eine Änderung in der Tierschutzverordnung auf den Tisch. Wer einen Hund anbietet, muss künftig seine Identität preisgeben. Ein kleiner Schritt gegen einen grossen Missstand.

Letztlich schützt kein Gesetz vor sträflicher Ignoranz. Eine echte Veränderung kann nur der Konsument bewirken. Indem er sich nicht als Konsument verhält, sondern als Mensch – und einen Hund nicht als ein Stück Ware betrachtet, sondern als ein beseeltes Wesen mit vielfältigen Bedürfnissen, die über eigennützige Liebe ­hinausgehen.

Wer Tiere wirklich liebt, lässt die Finger von der Computermaus. Im nächsten Tierheim warten genug Hunde auf ihren Menschen.

Kommentar von Katja Richard, Redaktorin SonntagsBlick

Ein paar Mausklicks, und schon wird die Ware ins Haus geliefert: eine Pizza, die letzte Designerhandtasche – wa­rum nicht auch ein Hund? Hauptsache, er hat die richtige Farbe und Rasse – auf dem Foto in der Anzeige blickten seine Augen so lieb, vielleicht sogar ein bisschen traurig. Keine Sorge, wir werden ihn schon glücklich machen!

Die Übergabe findet meist durch einen Dealer statt, manche holen ihre Marken-Wauwaus auch auf einer Autobahnraststätte hinter der Grenze ab.

Der Hundehandel im Internet floriert, darunter leiden vor allem modische Rassehunde auf Vermehrstationen – so lautet der Fachbegriff für Tierfabriken, in denen katastrophale Zustände herrschen. Kleine Hunde bringen in Ländern wie Polen und Ungarn grosses Geld. Der Hundehandel hat in Europa mafiöse Strukturen angenommen. Das Internet ist die ideale Plattform, um die begehrte Ware mit Jöö-Effekt zu verdealen.

Jetzt kommt im Bundesrat eine Änderung in der Tierschutzverordnung auf den Tisch. Wer einen Hund anbietet, muss künftig seine Identität preisgeben. Ein kleiner Schritt gegen einen grossen Missstand.

Letztlich schützt kein Gesetz vor sträflicher Ignoranz. Eine echte Veränderung kann nur der Konsument bewirken. Indem er sich nicht als Konsument verhält, sondern als Mensch – und einen Hund nicht als ein Stück Ware betrachtet, sondern als ein beseeltes Wesen mit vielfältigen Bedürfnissen, die über eigennützige Liebe ­hinausgehen.

Wer Tiere wirklich liebt, lässt die Finger von der Computermaus. Im nächsten Tierheim warten genug Hunde auf ihren Menschen.

Da wirkt es durchaus attraktiv, die lebendigen Kuscheltiere per Mausklick unter den Weihnachtsbaum zu ordern – und das erst auch noch zu erheblich günstigeren Preisen. Eine Rechnung, die langfristig nicht aufgeht. «Die Tierarztkosten sind nachher umso höher», so die Veterinärin Fitzi. Und: «Man unterstützt ein mafiöses System, das Tiere leiden lässt.»

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