Der verrückteste Stripschuppen vor dem Ende?
Ausgepufft!

Seit Jahren führt Brigitte Honauer (71) alias Vera Tentation das verrückteste Cabaret der Schweiz in Balsthal SO. Jetzt will sie verkaufen!
Publiziert: 30.06.2014 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 00:00 Uhr
Von Ralph Donghi

Seit 25 Jahren lässt Brigitte Honauer (71) im Cabaret Löwen in Bals­thal SO Frauen für sich tanzen. Und immer wieder geriet das verrückteste Cabaret der Schweiz in die Schlagzeilen: So in den 90er-Jahren, als ein Gast auf einem Pferd angeritten kam und das Tier an der Tür anband. Oder 2010, als Ho­nauers Tänzerinnen einen Räuber mit einem Stöckelschuh in die Flucht prügelten. Oder letztes Jahr, als Fasnächtler, als Lego-Männer verkleidet, einen goldenen Elefanten aus dem Lokal stahlen.

Doch jetzt ist Schluss: Brigitte Honauer, die seit 50 Jahren im Milieu tätig ist, will sich von ihrem Cabaret inklusive Restaurant und mehrerer Zimmer trennen. «Die goldenen Zeiten sind vorbei», sagt sie. «Es bleibt mir nichts anderes übrig, als mein Cabaret zu verkaufen.» Die Männer wollten heute oft nur noch schnellen Sex. «Eine Frau aussuchen und rauf ins Zimmer. Am liebsten zu einem Spottpreis.» Leider seien nur wenige Kunden bereit, ein paar Hundert Franken für eine Frau auszugeben.

Brigitte Honauers Karriere im Rotlichtmilieu beginnt bereits mit 21 Jahren. Die gelernte Kauffrau zieht von ihrer Heimat Deutschland nach Italien. «Ich hatte das Inserat einer Agentur gelesen, die Models suchte», erzählt sie. «Und genau das wollte ich unbedingt werden.»

Doch in Italien stellt sich heraus: Die Frauen sollten nicht modeln, sondern in einem Cabaret arbeiten. «Ich war jung, naiv und brauchte das Geld. Also machte ich mit.»

Wie üblich in solchen Etablissements, gehen die Mädchen nach dem Champagnertrinken  mit den Kunden aufs Zimmer. Auch Honauer. «Ich kann mich nicht mehr an meinen ersten Freier erinnern», sagt sie. Alles in allem habe sie viele Kunden gehabt. «Ich durfte mir die Männer aber immer selber aussuchen. Habe nicht jeden genommen.» Damals stand das Geld weniger im Vordergrund als heute. «Die Kunden schenkten den Mädchen Kleider und Schmuck, führten sie aus.»

Von Italien aus tourt Ho­nauer als Tänzerin unter dem ­Namen Vera Tentation um die Welt. Jeden Kontinent hat sie bereist, jede grosse Stadt der Erde gesehen, in den besten Clubs gearbeitet. «Eine tolle Zeit», schwärmt sie. «Ich habe so viele Leute kennengelernt und unglaublich viel erlebt.»

Honauers Fotoalben zeugen von ihrer erfolgreichen Zeit. «Wenn ich an einen anderen Ort weiterzog, wollten mich die Cabarets-Chefs oft nicht gehen lassen.»

In den 80er-Jahren arbeitet Brigitte Honauer in einem Luzerner Cabaret. Sie bleibt in der Schweiz und übernimmt 1989 mit ihrem damaligen Freund den Löwen in Balsthal. «Meine Beziehungen hielten nie lange. Ich war zwar mal verheiratet, aber Monogamie ist nicht meine Sache.» So führt Honauer ab 1994 den Löwen alleine weiter. «Ich habe dann aufgehört, als Tänzerin zu arbeiten.»

Seither erzählen ihre maximal acht Frauen Honauer ganz ähnliche Geschichten, wie sie sie früher selber erlebt hat. «Meine Tänzerinnen sehen in mir so etwas wie ihre Mutter. Aber ich bin keine Puffmutter», sagt sie, «sondern eine Geschäftsfrau!»

Der geplante Verkauf des Cabarets fällt ihr schwer: «Ich hoffe, dass alles in gute Hände kommt.»

Ist das der Fall, will die kinderlose Brigitte Honauer reisen. Ein Buch ­schreiben. Und eine Tierpen­sion eröffnen. Sie lacht: «Vierbeiner sind halt doch einfacher zu betreuen als Zweibeiner.»

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