Dank Internet finden sich heute rasch und weltweit Menschen mit gleichen Interessen. Das kann verheerende Folgen haben. Zum Beispiel bei der Kinderpornografie.
Die Zahl der Seiten mit einschlägigem Angebot explodiert. Die Zahl der Hinweise auf Konsumenten und Täter in der Schweiz auch. Ohne die USA hätten wir allerdings keine Vorstellung vom Ausmass dieser Verbrechen. Die allermeisten Hinweise kommen von dort, weil US-Provider verpflichtet sind, Missbrauchsmaterial zu melden.
In der Schweiz ist das nicht der Fall. Rund 3000 Meldungen aus den USA trafen allein 2017 beim Fedpol ein. Drei Jahre zuvor waren es noch 200. Die Bundesbehörde leitet die Hinweise an die kantonalen Polizeikorps weiter.
Ansonsten kommen sie Konsumenten eher zufällig auf die Spur. So wird etwa ein Computer wegen Vermögensdelikten konfisziert und die Ermittler finden darauf Missbrauchsmaterial. Aktive Fahndung, zum Beispiel mit Undercover-Beamten in Online-Chats, ist aufwendig und bindet zu viele Ressourcen.
Unbestritten ist: Das Angebot wächst. Nur: Weshalb, wenn die Wissenschaft sagt, dass lediglich ein Prozent aller Männer pädophil sei?
Dass ausschliesslich Pädophile Kinderpornos konsumieren, glaubte auch Monika Egli-Alge. Sie ist Geschäftsführerin des Forensischen Instituts Ostschweiz (Forio), das Männern mit pädophilen Neigungen hilft, nicht zu Tätern zu werden. Die Hemmschwelle, sich dort zu melden, ist hoch. Mehr als drei Viertel der Männer, die sich behandeln lassen, sind bereits straffällig geworden – weil diese Männer selbst Missbrauch begingen oder ihn konsumierten.
Am Beginn der Therapie steht eine sogenannte Sexualanamnese. Dabei sieht Egli-Alge immer häufiger Männer, die Kinderpornografie anschauen, aber gar nicht pädophil sind. Das hat die Fachpsychologin erschreckt.
Wissenschaftliche Studien zu diesem Phänomen gibt es nicht, wohl aber Erklärungsansätze. Und die liegen im Suchteffekt, den Pornografie generell haben kann. Die Steigerung der Dosis – immer neue und immer extremere visuelle Reize, um erregt zu sein – gehört laut Egli-Alge dazu.
Bei einem Teil der Männer führe dieser Effekt dazu, dass sie irgendwann bei Kinderpornografie landen. Wissenschaftlich bewiesen ist: Wer konsumiert, bei dem ist das Risiko erhöht, selbst zum Täter zu werden. Mit der Zahl der Taten steigt auch die Zahl der Opfer.
Lebenslang Opfer
In Jan Gysis Alltag geht es um die Opfer. Der Berner Psychiater ist auf Menschen mit posttraumatischen Störungen spezialisiert. Auch er sieht eine bedrohliche Entwicklung: In den Kliniken gibt es eine wachsende Zahl junger Frauen mit der Diagnose Borderline.
Sie verletzen sich in extremem Ausmass selber – setzen sich in Brand, schlucken Rasierklingen, wollen von Häusern springen. Trotz jahrelangem Psychiatrie-Aufenthalt wird ihr Zustand nur selten besser. Ein Teil von ihnen findet den Weg in Gysis Praxis.
Dort zeigt sich: Die Frauen waren als Kinder missbraucht worden, in vielen Fällen dabei gefilmt. Nur wenige Fachpersonen haben dies bisher erkannt. Gysi: «Sexueller Missbrauch ist sehr demütigend. Wenn dann eine Kamera läuft, ist es noch beschämender.» Oft drohen die Täter den Opfern, die Videos an Familie und Freunde zu schicken, falls sie reden. Also schweigen sie.
Und kaum ein Therapeut glaubt, dass er in ihnen ein Opfer von Kinderpornografie vor sich hat. Die sind, so die landläufige Meinung, in Asien. Das stimmt zwar. Aber nicht nur: Rund 70 Prozent der internationalen Kinderpornografie stammen aus Europa, ein Teil auch von hier. Gysi sagt: «Es muss in der Schweiz Hunderte von Opfern geben.»
Das Phänomen hat mit der flächendeckenden Einführung von Breitband-Internet 2003 zu tun. Verzögert zeigt sich das, so Gysi, nun in den Psychiatrien. Oft folge der Zusammenbruch der Opfer erst im Erwachsenenalter. Es steigt also nicht nur die Zahl der Täter und der Opfer. Die Opfer sind hier, mitten unter uns. Und werden nicht erkannt.
Polizei am Limit
Eines der wenigen auf den Kampf gegen Kinderpornografie spezialisierten Korps ist die Zürcher Stadtpolizei. Thomas Werner leitet hier die Abteilung Kinderschutz. Er weiss, dass niemand versehentlich auf kriminellen Websites landet. Ihm ist aber auch klar, dass jeder fündig wird, der solche Seiten, Bilder, Filme sucht.
Aber auch, wer bei bekannten Porno-Anbietern auf bestimmte Pop-ups klickt, bekommt kinderpornografisches Material gezeigt.
Sorgen bereitet Werner die riesige und immer weiter wachsende Menge solcher Angebote. Denn obwohl Zürich im Gegensatz zu anderen Polizeikorps mit 800 Stellenprozent mehr Fachpersonal einsetzen kann als andere, muss er gestehen: «Wir kratzen nur an der Oberfläche!»
Um selber aktiv zu ermitteln, fehlen auch den Zürchern die personellen Kapazitäten. Also gehen sie fast ausschliesslich Hinweisen nach, die sie von aussen bekommen. Die stammen zu 85 Prozent aus den USA – und werden immer zahlreicher. Letztes Jahr waren es 30 einschlägige Fälle. Dieses Jahr lag die Fallzahl Ende Juli bereits bei 48.
Nur selten finden die Beamten im beschlagnahmten Material von Kinderpornografie-Konsumenten genügend Hinweise, um zu einem Täter geführt zu werden.
Castagna
Beratungs- und Informationsstelle für sexuell ausgebeutete Kinder, Jugendliche und in der Kindheit ausgebeutete Frauen und Männer: castagna-zh.ch
Forio
Beratung und Therapie für Männer mit pädophiler Neigung, die bisher keine Taten begangen haben, und für solche, die straffällig wurden: keinmissbrauch.ch
Castagna
Beratungs- und Informationsstelle für sexuell ausgebeutete Kinder, Jugendliche und in der Kindheit ausgebeutete Frauen und Männer: castagna-zh.ch
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Beratung und Therapie für Männer mit pädophiler Neigung, die bisher keine Taten begangen haben, und für solche, die straffällig wurden: keinmissbrauch.ch
Aber es sind die wenigen Ausnahmen, die Werner und sein Team antreiben. Denn jeder Erfolg bedeutet, ein Kind aus diesem Elend herauszuholen oder weitere Missbräuche zu verhindern.
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