Der Tod von Spitzen-Koch Benoît Violier (†44) schockiert seine Freunde – und macht sie nachdenklich
«Er ist an seiner Perfektion zerbrochen»

Der Tod des Gourmet-Kochs Benoît Violier (†44) sorgt bei Freunden und Berufskollegen für tiefe Bestürzung. Noch wird spekuliert, weshalb sich der weltbeste Küchenchef das Leben genommen hat. Hat ihn womöglich der Druck in den Tod getrieben?
Publiziert: 02.02.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 10.09.2018 um 16:46 Uhr
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Hat sich am Sonntag in Crissier VD das Leben genommen: Benoît Violier, der beste Koch der Welt. Er hinterlässt Frau und Kind.
Foto: François Wavre
Dominik Hug, Flavia Schlittler, Cinzia Venafro

Die Schweiz trauert um ihren besten Koch. Am Sonntagnachmittag hat sich Benoît Violier (†44) in seiner Wohnung mit einer Schusswaffe selbst getötet. Vio­lier hinterlässt Sohn Romain (12) und Gattin Brigitte (44), mit der er zusammen das berühmte L’Hôtel de Ville in Crissier VD führte.

Freunde und Berufskollegen sind zutiefst bestürzt über den plötzlichen Tod des von der Gourmetbibel «Gault Millau» mit 19 Punkten ausgezeichneten Spitzenkochs. «Es ist ein grosser Verlust für die Schweizer Gastronomie, ein Vorbild wie Benoît zu verlieren», sagt TV-Koch René Schudel (39). Violier sei ein «riesiges Talent» gewesen, trauert der französische Jahrhundertkoch Paul Bocuse (89). «Es gab keinen einzigen Moment, bei dem Benoît durchblicken liess, dass es ihm schlecht ging», erklärt Anton Mosimann (68) von Mosimann’s in London fassungslos.

Was zum tragischen Ende des weltbesten Küchenchefs geführt hat, ist noch unklar. Jacky Donatz (64) vom Restaurant Sonnenberg in Zürich ist aber überzeugt: «Benoît hat den Druck nicht mehr ausgehalten. Er war ein sehr sensibler Mensch, aber auch ehrgeizig. Für ihn gab es nur sein Restaurant.» Nachdenklich ergänzt Donatz: «Für Benoît wäre es das Schlimmste gewesen, einen Gast zu enttäuschen.»

Violier sei stets «wahnsinnig freundlich und offen» gewesen, sagt Tanja Grandits (45) vom Restaurant Stucki in Basel und Koch des Jahres 2014. Violier habe es immer allen recht machen wollen. «Benoît arbeitete 360 Tage im Jahr. Er war stets aufgestellt, anständig und hochprofessionell», sagt Beat Caduff (56) vom gleichnamigen Wineloft in Zürich. Caduff gibt aber auch zu bedenken: «Der Druck in dieser Liga ist riesig.»

Und dieser Druck schlägt offenbar vielen anderen Schweizer Spitzenköchen auf den Magen: «Unser Beruf ist brutal hart», weiss Meta Hildebrand (32), Le Chef in Zürich. «Du krüppelst 18 Stunden am Tag und kannst es gewissen Gästen doch nie recht machen.» Man dürfe keine Schwäche zeigen, das wolle niemand hören. «Benoît war brilliant und einzigartig. Er ist an seiner Perfektion zerbrochen», vermutet Hildebrand.

Als Spitzenkoch auch menschlich mal nicht perfekt zu sein, sei ein Tabu, sagt Beat Caduff. «Traurig zu sein über den Töpfen – das gibt es nicht!» Die Krise am Herd – unvorstellbar! Sein Appell an die ganze Branche: «Es muss ein Bewusstsein entstehen, dass wir Köche miteinander auch vermehrt über Überforderung sprechen können.»

Das würde auch der Zürcher Gastrokritiker Michael Merz begrüssen. Wer in dieser hohen Kategorie spiele, wolle und müsse ­alles ­geben, bestätigt er. «Koch sein ist ein sehr, sehr harter Job. Spitzenkoch sein, das ist die Hölle!» Das Familienleben könne man praktisch vergessen. Als er mit Violier im Dezember zum letzten Mal sprach, habe er gespürt, dass er sich verändert hatte, sagt Merz. «Seine Stimme hatte nicht mehr den Enthusiasmus, der früher mitschwang. Benoît war stets sehr vif. Diese Lebendigkeit war in den letzten Gesprächen weg.»

Benoît Violier habe sich für seinen Beruf geopfert, glaubt Jacky Donatz: «Ich hoffe, er ist der Letzte unserer Zunft, der diesen Weg gehen musste.»

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