Die Nähe zum Publikum war sein Markenzeichen, das Geheimnis seines Erfolgs. Niemand verstand es besser, die Menschen unter der Zirkuskuppel in die Show einzubeziehen – irgendwann verwandelte sich diese Fähigkeit wohl in sein Verhängnis.
Gegen den mehrfach ausgezeichneten Clown David Larible (59) läuft eine Strafuntersuchung. Ihm werden sexuelle Handlungen mit Kindern vorgeworfen. Der Übergriff soll im Mai geschehen sein.
Larible, der in den letzten acht Monaten mit dem Schweizer Nationalcircus Knie durch die Schweiz tourte, gastierte damals in Zürich. Vom 4. Mai bis 5. Juni stand das Knie-Zelt auf dem Sechseläutenplatz. Die Stadtpolizei war deshalb für den Fall zuständig, die Hoheit über die Kommunikation im Fall des Knie-Star-Clowns wurde aber schon sehr früh der kantonalen Staatsanwaltschaft übertragen. «Das ist ungewöhnlich», sagt ein Insider gegenüber SonntagsBlick.
Verantwortlich für das Dossier ist Staatsanwältin Françoise Stadelmann von der Abteilung vier, zuständig für Kapitalverbrechen, Sexualdelikte und Straftaten gegen die sexuelle Integrität von Kindern. Sie sagt bloss: «Ein Knie-Mitarbeiter wurde verhaftet und befragt. Inzwischen ist er wieder auf freiem Fuss.» Was ihm vorgeworfen wird und wie er sich dazu geäussert hat, dazu sagt Stadelmann nichts. Nur: «Das Verfahren läuft weiter.»
Seither ist Larible auf Tauchstation. Auch an seinem Wohnort Verona (I) zeigte er sich nicht. Den Auftritt bei einem Clown-Workshop unweit von Venedig sagte er Ende Woche kurzfristig ab. Ein erster Zirkus reagierte jetzt auf die Vorwürfe und nahm seine Nummern aus dem Programm. Man wolle abwarten, wie das Verfahren gegen ihn ausgehe, schrieben die Veranstalter des Weltweihnachtscircus in Stuttgart.
Weder der Clown selbst noch sein Management wollten sich bisher zu den Vorwürfen äussern.
Das Verfahren gegen Larible ist der Tiefpunkt einer Karriere, die mit dem weltweiten Niedergang der klassischen Zirkusunternehmen einhergeht.
Der ursprünglich aus Frankreich stammende Larible wuchs in einer Artistenfamilie auf. Seinen ersten Auftritt hatte er 1973 im Zirkus eines Onkels. In den 80er-Jahren wird er zunächst vom Schweizer Circus Nock fest engagiert, später bei Krone in München. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere ist er mit seiner Nummer als dummer August die Hauptattraktion bei den Ringling Brothers in den USA. Der grösste Zirkus des Landes spart mit Laribles Engagement viel Geld. Der Clown unterhielt das Publikum prächtig, machte die Besucher zu Mitwirkenden und füllte mit 30 bis 40 Minuten langen Auftritten das Programm, für das nun weniger Artisten gebraucht wurden.
Die Programmmacher verwöhnten ihren Star mit Traumgagen von über einer halben Million Dollar pro Saison, eigener Garderobe und einem Gourmet-Buffet vor jeder Vorstellung. Dennoch verliess Larible 2005 urplötzlich den goldenen Käfig – auf dem Gipfel seines Erfolgs. Er wolle sich nicht weiter in seinem Ruhm sonnen, erklärte er im Wall Street Journal.
Auch das Schweigen könnte den Clown vernichten
Nach dem abrupten Abgang aus den USA und seiner Rückkehr nach Europa trat Larible ein Engagement beim deutschen Circus Roncalli an und blieb bis 2012. Dann machte er eine Solotour und wurde schliesslich für zwei Saisons vom Schweizer Nationalcircus Knie mit seinem Programm «Smile» als Headliner engagiert.
Nach der letzten Vorstellung der Saison in Lugano schlug die Polizei zu. Beamte führten Larible in Handschellen ab und brachten ihn nach Zürich, wo ihn Staatsanwältin Stadelmann verhörte. Eine Nacht blieb er in Haft, dann chauffierte ihn sein Bruder zurück nach Verona – nach Hause.
Fredy Knie Junior reagiert wortkarg auf die Verhaftung seines Stars: «Die Vorwürfe gegen Larible haben nach unserer Ansicht nichts mit dem Circus Knie zu tun», sagt er trocken am Telefon. Wie lange wusste er schon von den Vorwürfen gegen Larible? Hat sich sein Star-Clown ihm gegenüber geäussert? Der Circus-Direktor sagt dazu nichts.
Doch es sei sein eigenes Schweigen zur Sache, das den Clown vernichten könnte, wie Valentin Landmann sagt, Anwalt und Spezialist für Krisenkommunikation. Larible selbst äusserte sich bisher nur kryptisch: «Lächle, auch wenn dein Herz zerbricht», schrieb er auf Facebook. Und: «Die Wolken werden sich verziehen.»
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