Der rüstigste Bauer der Schweiz
Heiri (92) gehts bäumig

Der rüstigste Bauer der Schweiz heisst Heiri Sulger, ist 92 und kommt aus Schwamendingen. Für das Quartier-Urgestein ist ein Leben ohne Arbeit unvorstellbar.
Publiziert: 26.09.2015 um 20:50 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 20:55 Uhr
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Der rüstigste Bauer der Schweiz ist 92.
Foto: Toini Lindroos
Von Michael Sahli (Text) und Toini Lindroos (Fotos)

Heiri Sulger (92) steht auf der Leiter, als BLICK ihn auf seinem Hof in Zürich-Schwamendingen besucht. «Ich will noch die letzten Äpfel ernten. 2015 ist nicht gerade ein guter Jahrgang», sagt der Landwirt. Nicht einmal vom strömenden Regen lässt sich Heiri abhalten: «Vorher schien noch die Sonne. Und wenn ich mit der Arbeit begonnen habe, will ich sie fertig machen – auch wenn es auf der Leiter langsam rutschig wird.» Sagt es, leert die Apfelausbeute in eine Schubkarre und rollt sie quer über das Feld in Richtung Scheune.

Holz hacken, mosten, mit der Sense Gras mähen oder Unkraut jäten im Gemüsegarten: Heiri Sulger ist fast keine Arbeit zu schwer. Stolz zeigt der 92-Jährige einen riesigen Stapel Brennholz, das er gespalten hat: «Ich will nicht, dass meine Frau Lina im Winter friert. Und der Vorrat soll auch noch lange reichen, falls ich sterben sollte.»

«Ich brauche doch keinen Betreuer!»

Nur das Herumtragen der schweren Leiter macht Heiri langsam Mühe. Doch er nimmt es mit Humor: «Wenn es dich in diesem Alter nicht ab und zu zwickt, bist du wahrscheinlich tot», witzelt er. Und lehnt das Angebot des Reporters ab, die schwere Holzleiter für ihn zu tragen: «Ich brauche doch keinen Betreuer!» Ein Geheimrezept für seine Fitness hat Heiri nicht: «Vielleicht ist es Schicksal, vielleicht sind es die guten Gene, und ich esse jeden Tag einen Apfel zum Zmorge.»

Der Bauernsohn hat sein ganzes Leben lang draussen gearbeitet. In seiner Jugend war Schwamendingen noch ein Dorf. «Das war eine harte Zeit. Wir hatten es immer sehr streng», erinnert sich Heiri. Ein Leben ohne Arbeit ist für ihn unvorstellbar. «Ich muss einen ausgefüllten Tag haben. Soll ich etwa die ganze Zeit Kreuzworträtsel lösen?»

Das Quartier-Urgestein versteht das grosse Interesse an seiner Person nicht. Heiri gibt zwar gut gelaunt Auskunft, findet die Fragen aber «irgendwie en huere Seich». Und die Fotografin sehe ohne diesen klobigen Apparat vor dem Gesicht viel besser aus.

Anfang Oktober feiern Heiri und seine Frau Lina (87) ihren 61. Hochzeitstag. Lina hat zum Feiertag einen Wunsch: «Heiri muss mit mir einen Ausflug machen. Ich will mal wieder irgendwo hingehen», sagt sie mit einem Lächeln im Gesicht. Heiri schaut sich währenddessen Fotos aus den 50er-Jahren an: «Wir hatten eine schöne Zeit zusammen. Aber wenn sich zwei Menschen gar nie streiten, ist mindestens einer davon ein Totsch.»

Der Schaukelstuhl blieb nicht lange

Auch in Zukunft wollen die beiden nicht kürzertreten – wenn ihre Gesundheit es zulässt: «Ein Nachbar hat uns vor ein paar Jahren einen Schaukelstuhl geschenkt. Den haben wir auf dem Flohmarkt verkauft, weil wir ihn nie benutzten», sagt Lina Sulger und verabschiedet sich. «Ich habe jetzt keine Zeit mehr, ich muss noch kochen.» Und Ehemann Heiri fügt an: «Solange die Äpfel wachsen, werde ich sie auch ernten und zu Most verarbeiten.»

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