BLICK: Wie beurteilen Sie die brutale Attacke in Genf, Herr Urbaniok?
Frank Urbaniok: Das ist eine feige und verabscheuungswürdige Tat. Ich hoffe, dass die Schläger gefasst und zur Rechenschaft gezogen werden.
Sind die Vorkommnisse in Genf ein Novum in Sachen Brutalität gegen Frauen?
So ein Vorfall ist sehr ungewöhnlich. Doch die Gruppe wollte wohl kaum gezielt gegen Frauen vorgehen. In solchen Gruppen herrscht eine aggressive Dynamik. Da ist man als Kampftruppe nicht wählerisch in der Opferwahl. Die Opfer waren wohl eher zur falschen Zeit am falschen Ort.
Die Frauen versuchten doch nur, zu schlichten.
Wenn jemand zu einer Gewaltsituation dazustösst und intervenieren will, kann das für die Angreifergruppe ein willkommener Anlass sein, erst recht zuzuschlagen. Denn oft ist in solchen Gruppen eine aggressive Grundstimmung vorhanden.
Nimmt die Brutalität im Ausgang zu?
Im In- und Ausland wird seit einigen Jahren beobachtet, dass Hemmschwellen sinken und die Brutalität zunimmt. Beispiele: Polizisten und Rettungskräfte werden angegriffen. Auf Opfer wird eingetreten, auch wenn sie am Boden liegen – wie im Fall Genf.
Eine Zeugin sagt in Westschweizer Medien, mindestens ein Täter stamme aus Nordafrika. Wenn dem so ist: Könnte der kulturelle Hintergrund der Täter eine Rolle spielen?
Generell gilt: Kulturspezifische Rollen- und Normvorstellungen – wie patriarchale Rollenbilder – können ein wichtiger Faktor für Gewalt sein – insbesondere gegenüber Frauen. Gewaltstatistiken zeigen eine Überrepräsentation gewisser kultureller Räume. Aber Vorsicht: Das ist kein Grund, alle Ausländer in einen Topf zu werfen. Die grosse Mehrheit der bei uns lebenden Ausländer verhält sich korrekt und gesetzestreu. Da es noch keine gesicherten Erkenntnisse über die Täter und ihre Motive gibt, möchte ich im aktuellen Fall nicht darüber spekulieren.