Trotz Grippe schicken die Eltern die Kinder in die Krippe: Das ist in manchen Familien Alltag. «Die Eltern stopfen ihre Kinder mit Zäpfli voll und denken, dass wir nichts merken», sagt Andrea Brunschwiler, die in Adliswil ZH eine Kita führt (gestern im BLICK).
Sind das Rabeneltern, die nur die eigene Karriere im Kopf haben und darob den Nachwuchs vergessen?
Denn das Gesetz ist sonnenklar: Sind die Kinder krank, haben die Eltern das Recht, bis zu drei Tage zu Hause zu bleiben und sich um sie zu kümmern.
Unter Druck gesetzt
Warum machen Eltern davon nicht einfach Gebrauch? Weil sie sich vom Arbeitgeber unter Druck gesetzt fühlten, unter allen Umständen zur Arbeit zu erscheinen, sagt Corinne Schärer, Geschäftsleitungsmitglied der Gewerkschaft Unia: «Wir haben die Erfahrung gemacht, dass zwar viel von familienfreundlichen Arbeitsbedingungen die Rede ist, dies aber nicht der Realität entspricht.»
Und tatsächlich: Auf die Frage von BLICK, was er Eltern rate, wenn ihr Kind krank sei, antwortet Arbeitgeber-Direktor Roland Müller: «Die Arbeitgeber empfehlen, dass die Eltern potenziell auftretende Betreuungsfälle wie ein krankes Kind im Voraus planen und generell organisieren.»
Krankheitsfälle sind nicht planbar
Im Klartext: Der oberste Vertreter der Arbeitgeber verweist Eltern nicht auf ihren Anspruch, sondern fordert sie auf, diesen möglichst nicht wahrzunehmen.
So könne nur jemand reden, der selber nie in eine Notsituation mit einem kranken Kind geraten sei, kritisiert die Zürcher CVP-Nationalrätin Barbara Schmid-Federer: «Es gibt grosse Unterschiede zwischen den Arbeitgebern. Bei vielen ist das Verständnis leider nicht vorhanden, dass sich nicht immer eine Betreuung organisieren lässt.»
Krankheitsfälle seien nun mal nicht planbar, sagt Unia-Frau Schärer. «Arbeitgeber haben die Pflicht, Arbeitnehmende auf ihren Anspruch aufmerksam zu machen und Bedingungen zu schaffen, dass sie ihn ohne schlechtes Gewissen wahrnehmen können», fordert sie.
Immerhin: Auch Arbeitgeber-Direktor Müller anerkennt, dass ein Elternteil «kurzfristig einspringt, um die Betreuung zu organisieren», wenn keine andere Lösung gefunden wird. Zur Überbrückung könne Home-Office eine Lösung sein. Für Schmid-Federer der richtige Weg: «Arbeitgeber sollten mehr tun, um Heimarbeit zu ermöglichen.»
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