Verlassen sitzt V.* (25) in seiner DachgeschossWohnung in Dielsdorf ZH. Er ist noch immer mit der Gefängniswärterin Angela Magdici (32) verheiratet, und die Nachricht von der Flucht seiner Frau hat ihn mitgenommen. Seine grosse Liebe türmte mit dem syrischen Häftling Hassan Kiko (27) vermutlich nach Italien – im BMW X1, der den Eheleuten gemeinsam gehört.
«Sie ist vor vier Monaten ausgezogen und hat das ganze Geld mitgenommen», sagt V. «Dazu etliche Möbel. Sie kam bei einer Freundin unter und zahlt seither auch keine Miete mehr.»
Im Nachhinein wird ihm einiges klar. Etwa die häufigen Nachtdienste seiner Frau. Er sagt: «Sie hat im Gefängnis Limmattal quasi übernachtet wie in einem Hotel. Alle zwei Wochen hatte sie Nachtdienst. Dabei war ich von Anfang an gegen den Job im Männerknast, jetzt weiss ich, warum.»
Ihn quält die Frage, wie sich seine Frau in einen verurteilten Vergewaltiger verlieben konnte. «Sie steht wohl auf kriminelle Männer, wahrscheinlich war ich ihr zu lieb», vermutet er.
Dabei hatte Angela Magdici sogar Aussicht auf eine Karriere bei der Polizei. Für die gelernte Verkäuferin wäre ein Lebenstraum in Erfüllung gegangen. «Auf einmal wollte sie doch lieber einfache Wärterin bleiben. Vermutlich war sie da schon mit diesem Hassan liiert.»
Kennengelernt hatten sich V. und Angela bei ihrer gemeinsamen Leidenschaft, dem Kampfsport. Aus einem Flirt an einer Thaibox-Gala wurde eine Ehe – die nun Geschichte ist.
Auch in Wohlen AG kennt man die flüchtige Wärterin. Sie trainierte hier in der Kickbox-Schule von Weltmeister Rocco Cipriano (47). Dort ist die gebürtige Aargauerin in den Unterlagen als Angela Vock aufgeführt – das war ihr Mädchenname. Damals arbeitete sie noch in einem Büro und trainierte während rund eines Jahres in Ciprianos Schule. Sie sei dennoch immer sehr distanziert gewesen, heisst es dort.
Seit 1991 führt der Wohlemer Cipriano die Kickbox-Schule, in den Anfangszeiten zusammen mit der im Jahr 2000 in Tokio verstorbenen K1-Legende Andy Hug († 35). Ciprianos Schule ist mehr als nur ein Kampfsport-Klub, sie versteht sich auch als eine Lebensschule. «In unserem blauen Tenue zu kämpfen, heisst, eine bestimmte Lebensphilosophie zu vertreten, sagt Cipriano. «Eine Art zu leben, zu träumen und an sich zu glauben. Es geht um Freundschaft, Glauben und Hoffnung.»
Eine Philosophie, der Angela Magdici nicht folgen konnte oder wollte. Sie verliess die Schule des sechsfachen Weltmeisters Cipriano 2009 wieder, also schon nach rund einem Jahr, und wandte sich dem Thaiboxen zu. «Deswegen ging sie offenbar sogar nach Thailand», sagt ihr ehemaliger Trainer. Dort entstand auch Angela Magdicis auffälliges Bauch-Tattoo: ein Tiger.
Nur ein einziges Mal nahm sie mit der Kickbox-Schule aus Wohlen an einem Wettkampf teil. Mit geringem Erfolg, wie Cipriano sagt. «Angela war keine tragende Säule bei uns, und sie war zu kurz dabei, um ihr unsere Philosophie wirklich mit auf den Weg geben zu können.» Sie habe auch nicht so oft trainiert wie andere – und wenn, dann nur mit der Gruppe, und anschliessend sei sie gleich wieder gegangen.
Und trotzdem fiel dem Kampfsport-Experten auf, dass sich hinter der eher abweisenden Fassade eine zerbrechliche Persönlichkeit versteckt. «Es gibt Menschen, die stehen vor einem, strotzen vor Selbstbewusstsein und strahlen das auch aus. Angela war genau das Gegenteil. Sie verhielt sich unauffällig und war unsicher.»
Verfiel sie deshalb dem Vergewaltiger Hassan Kiko? Eine Frage, auf die nicht nur ihr Ehemann eine Antwort möchte.
*Name der Redaktion bekannt