Der Schweizer Detailhandel steckt in der Krise. So spult Manor, die grösste Warenhauskette der Schweiz, derzeit still und heimlich ein Sparprogramm ab – auf Kosten der Angestellten: In zahlreichen Filialen, verteilt über das ganze Land, werden Kündigungen ausgesprochen. Allein im Tessin sollen es gegen 20 sein. Kleinere Manor-Märkte schaffen offenbar ihre Direktoren ab und stellen die Filiale unter die Aufsicht einer grösseren Manor-Niederlassung. Von dieser Massnahme seien mehrere Dutzend Mitarbeiter betroffen, wie Insider gegenüber SonntagsBlick aussagen.
«Die Kündigungsfälle haben sich gehäuft», bestätigt Carlo Mathieu (49), Detailhandels-Verantwortlicher der Gewerkschaft Syna. «Bei Manor ist definitiv etwas im Busch. Noch ist es aber schwierig, sich einen Überblick zu verschaffen.» Das Problem: «Detailhändler sind sehr dezentral organisiert. Da ist es leicht, mal hier, mal da eine Stelle zu streichen.»
Umsatzzahlen fehlen
Die Alarmzeichen jedoch sind unübersehbar: Mitte Januar wurde der langjährige Manor-CEO Bertrand Jungo (51) Knall auf Fall durch den Franzosen Stéphane Maquaire (42) ersetzt. Und erstmals seit zehn Jahren verzichtet die Warenhauskette darauf, ihre Umsätze bekannt zu geben. «Als Familienunternehmen ist Manor nicht verpflichtet, Umsatzzahlen zu kommunizieren.» Mit diesen Worten reagierte Sprecherin Elle Steinbrecher auf eine Anfrage von SonntagsBlick.
Manor leidet offenbar besonders unter dem veränderten Konsumverhalten seiner Kunden: Neuerdings drohen die herkömmlichen Warenhäuser in den Innenstädten zwischen Einkaufstourismus und Onlineshopping aufgerieben zu werden.
Vergangene Woche stellte sich Stéphane Maquaire laut einem Insider den Manor-Direktoren aus der ganzen Schweiz vor. Dabei beklagte er sich – wie es heisst, lautstark – über die schlechten Zahlen des Hauses. Und kündigte sofort ein weiteres Umstrukturierungsprojekt an.
«Jungen Talenten grössere Bedeutung zumessen»
Gegenüber SonntagsBlick gibt sich Manor zugeknöpft. Die Frage, wie viele Kündigungen seit Anfang Jahr bereits ausgesprochen wurden, bleibt unbeantwortet. Unternehmenssprecherin Steinbrecher bestätigt aber, dass man in zehn Filialen die «Store Directors» abgeschafft habe. Stattdessen habe man die Verantwortung jüngeren Talenten übertragen – sogenannten «Store Managern». «Manor misst den jungen Talenten von morgen grössere Bedeutung bei, indem in ihre Ausbildung investiert und ihnen Verantwortung übertragen wird», so Steinbrecher.
30 Prozent weniger Lohn
Die Absicht ist klar: Mitarbeiter mit langer Erfahrung (und höheren Löhnen) werden durch junge, billigere ersetzt. Manchen Gekündigten bietet Manor zwar Ersatzjobs an. SonntagsBlick weiss allerdings: zu erheblich schlechteren Konditionen – die Lohneinbussen betragen bis zu 30 Prozent.
Bereits vor zwei Jahren verloren 150 Manor-Angestellte am Hauptsitz in Basel ihren Arbeitsplatz. Damals gab es für die Betroffenen noch einen Sozialplan. Heute ist das anders: «Im aktuellen Fall gibt es keine Massnahmen, welche die Kündigungen sozial abfedern. Das ist besonders verheerend, weil es sich typischerweise um Frauen mit einem Teilzeitpensum handelt», so Mathieu.
Fazit des Gewerkschafters: «Manor geht es offensichtlich nicht gut. Dafür müssen jetzt die Mitarbeiter bluten. Wir werden uns mit Nachdruck für soziale Begleitmassnahmen einsetzen.»
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