Der frechste Sozialhilfe-Bezüger der Schweiz
Unglaublich! Der faule Beat hat gewonnen

Für Beat L.* hat sich der Weg durch die Instanzen gelohnt. Die Gemeinde Berikon AG muss dem Arbeitsverweigerer Sozialhilfegelder nachzahlen. Wie viel, darf niemand erfahren.
Publiziert: 16.02.2014 um 00:20 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 00:10 Uhr
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«Würde schon arbeiten, aber nur im Sitzen» Beat L.* (24) am Computer in Berikon AG.
Foto: RDB
Von Leo Ferraro

Der jahrelange Streit zwischen dem renitenten So­zialhilfebezüger Beat L.* (24) und der Gemeinde Berikon AG ist beigelegt. Die Gemeinde und der junge Mann haben vor dem Aargauer Verwaltungsgericht einen Vergleich geschlossen. Das bestätigt Nicole Payllier, Sprecherin des Generalsekretariats Justiz.

Ein Vergleich heisst: Beat L. erhält Geld. Wie viel? Das bleibt geheim. «Über den Inhalt der Vereinbarung haben die Parteien Stillschweigen vereinbart», sagt Payllier.

Tatsache ist: Auf dem Weg durch die Instanzen hat der junge Arbeitsverweigerer einen Teilsieg errungen – den Staat also quasi in die Knie ge­zwungen.

Die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKos) schweigt zum Deal. «Es handelt sich beim Vergleich um eine Massnahme im verfahrensrechtlichen Rahmen. Wir sehen keine Veranlassung, uns dazu zu äussern», sagt Geschäftsführerin Dorothee Guggisberg.

An die Öffentlichkeit kam der Fall, nachdem die Gemeinde Beat L. im November 2011 die Sozialhilfe gestrichen hatte. Begründung: Der Mann verhalte sich seit Jahren unkooperativ. Er ignoriere Termine, hole Behördenschreiben nicht ab, verweigere gemeinnützige Arbeit.

Körperlich unzumutbar

Die Gemeinde drehte darauf dem renitenten Sozialhilfe­bezüger den Geldhahn zu. «Es geht doch nicht, dass sich ein junger, arbeitsfähiger Mann in der Sozialhilfe ausruht», sagte SP-Sozialvorsteherin und Vizeamtsfrau Rosmarie Groux (60) damals. Vor einem Jahr besuchte SonntagsBlick Beat L. zu Hause. Die Arbeitseinsätze habe er verweigert, weil sie für ihn körperlich nicht zumutbar seien, sagte er damals. «Ich würde schon arbeiten, aber nur im Sitzen.»

Kaum blieb das Geld der Gemeinde aus, wurde der arbeitsscheue Mann fleissig. Er nahm sich einen Anwalt und ging gegen die Verfügung vor, kämpfte sich durch mehrere Instanzen bis vor Bundesgericht – und gewann. Das Verhalten des Mannes sei zwar renitent, aber nicht missbräuchlich, urteilten die Richter aus Lausanne. Die Gemeinde müsse die Sozial­hilfe rückwirkend nachzahlen: rund 25 000 Franken.

Dieser Richterspruch sorgte schweizweit für Empörung. Berikon und andere Gemeinden traten darauf aus Protest aus der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe aus, welche die Richtlinien für die Sozialhilfe definiert.

Transparenz gefordert

Die Gemeinde auf dem Mutschellen weigerte sich, den Betrag einfach so auszuzahlen. Sie verlangte von Beat L. Be­lege über seinen Lebensunterhalt in der fraglichen Zeit. Auch diese Verfügung hat er wieder angefochten.

Und nun also der Vergleich. Beat L. konnte belegen, dass er sich in der fraglichen Zeit Geld leihen musste, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Im Gegenzug erhält er rückwirkend Geld. Wie viel, darf auch Rosmarie Groux nicht sagen. «Wir sind einfach froh, dass der Fall endlich ab­geschlossen ist», sagt sie.

Innerhalb der Gemeinde rumort es weiter. SVP-Politiker Gregor Biffiger (52), Mitglied der Beriker Finanzkommis­sion, verlangt Transparenz. Er will sich dafür einsetzen, dass publik wird, wie viel Beat L. vom Staat erhalten hat. «Die Steuerzahler haben ein Anrecht zu erfahren, wie viel die Gemeinde dem jungen Mann aus welchen Gründen nach­gezahlt hat», sagt er.

Beat und seine Mutter sind inzwischen aus Berikon weggezogen. Er war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

* Name der Redaktion bekannt

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