Zu acht Jahren Knast wurde der Tunesier wegen Kindsentführung verurteilt. BLICK hat Issam Ochi (34)besucht. Und hat von ihm wissen wollen, warum er Elias (7) und Jonas (6) nicht nach Winterthur zu ihrer Mutter Janine Schoch (30) zurückkehren lässt.
Im Gespräch, das eine Stunde dauert, zeigt sich: Issam Ochi ist uneinsichtig. Er wähnt sich als Opfer. Seiner Frau, der Justiz, der Schweizer Gesellschaft.
«Ich vermisse meine Kinder wahnsinnig», sagt Ochi. «Ich kann mit ihnen einmal am Tag telefonieren. Dabei habe ich jedesmal Angst, dass sie mich fragen: Wie viel Mal müssen wir noch schlafen, bis du kommst? Ich habe ihnen nicht gesagt, dass ich im Gefängnis bin. Sie glauben, dass ich in der Schweiz arbeite, um viel Geld zu verdienen.»
Ochi lernte Janine Schoch 2002 in der Türkei kennen, wo er als Animateur in einem Hotel und sie als Kinderbetreuerin arbeitete. Sie heirateten, zogen nach Frauenfeld, die Söhne kamen zur Welt. Doch die Ehe funktioniert nicht. Ochi ist rasend eifersüchtig. Es kommt zu Streitereien über Religion, wie Janine und die Buben zu leben haben. Was sie essen und tun.
Das Paar trennt sich. Und obwohl Janine Schoch die Behörden immer wieder um Hilfe bittet, weil ihr Mann mit Entführung droht, glaubt ihr niemand.
Im August 2010 kidnappt Ochi Elias und Jonas und bringt sie nach Tunesien. Warum?
«Ich rechnete damit, wieder zurückzukommen», sagt Ochi. «Meine Überlegung war, dass nicht Janine, sondern ihr Umfeld das Problem war. Und wenn sie nicht mehr in diesem Einfluss steht, sie wieder normal wird und wir gemeinsam eine Lösung finden. Ich dachte, Janine kommt nach Tunesien, weg von ihrer Machtposition in der Schweiz, wo ich der Ausländer und damit Verlierer war.»
Der Kindsentführer schrieb seiner Frau einen Brief. 170 000 Franken wollte er, damit er ihr die Buben zurückgibt. «Mein Plan war, mit Janine in Frieden zu leben. Als ich in Tunesien war, hat sie mir per SMS geschrieben, dass sie mich immer noch liebe. Doch ich habe Ehre, ich kann eine Frau, die mir etwas angetan hat, nicht sofort in die Arme schliessen. Also dachte ich, sie zahlt das Geld, so ist die Ehre gerettet und ich nehme sie wieder als Ehefrau an.»
Ochis Plan geht nicht auf. Bei einer Reise nach Marokko wurde er verhaftet, im Frühling 2011 an die Schweiz ausgeliefert. «Es hat mich überrascht mit dem Gefängnis und alles», sagt Ochi. «Ich bin kein Monster. Entführer sind Leute, die Kinder wegnehmen und den Kontakt abbrechen. An mir soll ein Exempel statuiert werden!»
Obwohl Ochi jetzt im Knast sitzt, kriegt Janine Schoch ihre Buben nicht. Die Kinder müssen in Tunesien bleiben, leben bei den Grosseltern. So sieht es das tunesische Gesetz vor.
Issam Ochi gibt sich trotzig. Er will nicht in eine Rückkehr seiner Kinder in die Schweiz einwilligen. «Ich bleibe locker im Gefängnis, bis ich 50 bin. Diese Art, mir Druck zu machen, funktioniert nicht. Ich verkaufe meine Kinder nicht. Nicht nach all dem, was ich erlebt habe. Zu Hause gelte ich als Esel, weil ich an eine Lösung geglaubt habe. Ich bin ein Ehrenmensch, wenn ich verarscht werde, sage ich nein, du kannst mich nicht kaufen. Wenn die Kinder Teenager sind, was denken sie dann über alles? Was denken sie über die Schweiz, die Araber als Barbaren beschimpft?»