BLICK: Herr P., wie geht es Ihnen nach Ihrer Freistellung?
S. P.: Ich hätte gerne in Ruhe meine Aufgaben zu Ende geführt. Mit der Freistellung fehlt dazu nun die Zeit.
Sie haben vorgestern gesagt, dass Sie sich gedemütigt fühlen.
Ich hatte ja schon vor der Affäre um die beiden Spielzeugpistolen auf Ende Januar 2016 gekündigt. Dass man mich jetzt freistellt und behauptet, es sei der Beruhigung des Schulbetriebs zuliebe, obwohl man vor einer Woche noch sagte, dass dieser geregelt weiterlaufen müsse, ist ein Widerspruch.
Wie meinen Sie das?
Dass die Behauptung der Schulpflege, es müsse wieder Ruhe einkehren, ein Vorwand für andere Zwänge oder Mechanismen ist, über die ich aber nicht spekulieren möchte.
Was ist die Wahrheit?
Zwischen mir und der Schulleitung bestehen seit längerem verschiedene Ansichten und Probleme.
Nennen Sie ein Beispiel.
Ich habe für meine 25 Schüler ein sechstägiges Lager im Unterengadin organisiert und ihren Eltern sagen wollen, dass der Beitrag pro Kind 200 Franken betrage – wie beim Vorgänger. Obwohl keine Regelung dazu bestanden hat, durfte ich nur 150 Franken verlangen. Volleyball- oder Skilager, für die wir in der Schule Werbung machen müssen, kosten bis 470 Franken. Nur das, was die Schule macht, darf nichts kosten.
Wie ging es mit dem Lager weiter?
Weil längst gebucht war, habe ich es am Elternabend den Eltern überlassen, ob sie über die 150 Franken hinaus etwas sponsern wollen. So war ich der Schulleitung gegenüber illoyal.
Was war das Resultat?
Dass ein Drittel der Eltern die 150 Franken zahlte, der Rest 200 oder sogar mehr. Schlussendlich ging die Rechnung auf.
Und die Konsequenzen für Sie?
Ich habe von der Schulpflege eine Ermahnung erhalten. Ich wollte Einsprache bei der Schlichtungskommission machen, was aber die Schulpflege nicht zuliess. Darum habe ich gekündigt. Ich bin halt ein Vollblutlehrer und polarisiere.
Haben Sie ein weiteres Beispiel?
Die Schule wurde kürzlich für ein paar Millionen saniert. Doch der Werkraum im Luftschutzkeller entsprach seit zwei Jahren weder den gesetzlichen Vorschriften noch den kantonalen Empfehlungen, um darin mit Kindern zu arbeiten. Auch dafür habe ich mich eingesetzt.
Darum haben Sie die Vorführung der Softair-Pistole nicht dort, sondern im Klassenzimmer gemacht?
Der Werkraum ist für mich so oder so tabu. Zur Vorführung ist zu sagen, dass sie präventiv und völlig harmlos war. Ein Schuss durch ein paar Blatt Papier in einen Eimer. Es gab danach keine Reklamation von Eltern.
Die gabs aber nach einem Vorfall mit einer anderen Spielzeugpistole.
Das war eine Knallkorkenpistole vom Jahrmarkt, sie wurde konfisziert. Dabei hätten wir sie beim Weihnachtsspiel gebrauchen können (lacht). Mehr möchte ich dazu wegen des laufenden Verfahrens nicht sagen. Auch zum Schutz des Schülers, der wieder ohne Probleme meinen Unterricht besucht.
Seine Mutter, Frau Vize-Gemeindeammann, informierte die Schulleiterin, nachdem der Bub daheim von einem «Witzli» erzählt hatte.
Es ist unverständlich, dass diese Mutter nicht direkt zu mir kam. Wie andere Eltern auch, wenn etwas ist. Dass dann die Schulleiterin und der Schulinspektor der Schulpflegepräsidentin das Okay gaben, die Polizei zu informieren, ohne mit mir geredet zu haben, war für mich fatal. Später hat Frau Vize-Gemeindeammann in einem Brief bestätigt, dass ihr Sohn nur von einem «Witzli» erzählt habe. Und sie niemandem schaden wollte. Die Sache lief aber aus dem Ruder.
Fühlen Sie sich jetzt als Opfer?
Ja, ich habe schon das Gefühl, dass ich mit der Freistellung ein Bauernopfer bin. Mir tun vor allem meine Schüler leid, die haben so etwas nicht verdient.
Wie war die Hausdurchsuchung?
Das wünsche ich niemandem. Die Polizei hat aber respektvoll und professionell gearbeitet.
Akzeptieren Sie Ihre Freistellung?
Nein. Da ich mich unschuldig fühle, habe ich der Schulpflege und den Eltern mitgeteilt, dass ich das nicht tue. Das nützt zwar nichts, weil die Schulpflege am längeren Hebel sitzt.
Sie haben einen neuen Lehrerjob.
Ja, zum Glück. Auch wenn es mir sehr wehtut, meine Klasse zu verlassen.
Wie tickt Ihr neuer Arbeitgeber?
Ich denke, dass man dort mehr Toleranz gegenüber dem Handlungsspielraum eines Lehrers hat als in Bözberg.
*Name der Redaktion bekannt
Im November wurde in Bözberg AG ein Primarschüler auf dem Pausenhof mit einer Softair-Pistole erwischt. Darauf fragte die Schulleitung Lehrer S. P., ob er seiner Klasse die Gefährlichkeit der Waffe demonstrieren wolle. S. P. zeigte dabei noch eine zweite Spielzeugpistole. Weil ein Schüler seiner Mutter, der Frau Vize-Gemeindeammann, erzählte, dass S. P. mit der zweiten Waffe einen Witz gemacht habe, wandte sie sich an die Schulleiterin. Die ging zum Schulinspektor. Der empfahl der Schulpflegepräsidentin, die Polizei anzurufen. Folge: Hausdurchsuchung bei S. P. – Waffen wurden sichergestellt, ein Verfahren eröffnet. Die Schulpflege stärkte anfangs dem Lehrer den Rücken. Diese Woche wurde er freigestellt.
Im November wurde in Bözberg AG ein Primarschüler auf dem Pausenhof mit einer Softair-Pistole erwischt. Darauf fragte die Schulleitung Lehrer S. P., ob er seiner Klasse die Gefährlichkeit der Waffe demonstrieren wolle. S. P. zeigte dabei noch eine zweite Spielzeugpistole. Weil ein Schüler seiner Mutter, der Frau Vize-Gemeindeammann, erzählte, dass S. P. mit der zweiten Waffe einen Witz gemacht habe, wandte sie sich an die Schulleiterin. Die ging zum Schulinspektor. Der empfahl der Schulpflegepräsidentin, die Polizei anzurufen. Folge: Hausdurchsuchung bei S. P. – Waffen wurden sichergestellt, ein Verfahren eröffnet. Die Schulpflege stärkte anfangs dem Lehrer den Rücken. Diese Woche wurde er freigestellt.