Das sagen Pendler zum Rauchverbot an Schweizer Bahnhöfen
«Dann werde ich halt weniger rauchen»

Schwachsinn oder längst fällig? Die SBB diskutieren ein generelles Rauchverbot an Bahnhöfen. Ende 2018 könnte es bereits so weit sein. Bei Pendler rauchen die Köpfe deswegen aber nicht, wie unsere Umfrage zeigt.
Publiziert: 02.11.2017 um 15:34 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 02:40 Uhr
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Der Selbständigerwerbende Benjamin Essien (20) zu den Verbotsplänen der SBB: «Ich finde es den Rauchern gegenüber unfair. Raucher-Lounges, die im Winter beheizt sind, finde ich besser. Anderseits darf man in den Zügen heute auch nicht mehr rauchen und alle haben sich daran gewöhnt.»
Foto: Anja Wurm
Georg Nopper und Anastasia Mamonova

Ist die Zigi beim Warten auf dem Gleis bald genauso von gestern wie das Rauchen im Zug? Die SBB erwägen ein komplettes Rauchverbot an Bahnhöfen. Mit dem Fahrplanwechsel 2018 im nächsten Winter könnte es bereits so weit sein.

Bis zum definitiven Entscheid der Konzernleitung Mitte des nächsten Jahres sollen verschiedene Verbotsvarianten an mehreren Standorten getestet werden. Das steht in einem internen Papier, über das die «NZZ» berichtete.

«Das ist eine Schnapsidee»

Gregor Rutz, SVP-Nationalrat und Präsident der IG Freiheit, kritisiert das Vorhaben der SBB scharf. «Das ist eine Schnapsidee», sagt der Zürcher zu BLICK. «Rauchen ist ja schon jetzt nur eingeschränkt möglich an Bahnhöfen. Am Schluss ist das nur noch sektiererisch. Fehlt nur noch, dass der Alkoholkonsum im Speisewagen verboten wird.»

Wehrt sich gegen zusätzliche Verbote und Vorschriften: SVP-Nationalrat Gregor Rutz, Präsident der IG Freiheit.
Foto: Keystone

Rutz selbst gönnt sich ab und zu eine Zigarre. «Aber sicher nicht am Bahnhof. Doch gestört hat mich das noch nie, wenn Leute beim Warten auf den Zug eine Zigarette rauchen.» 

Vom totalen Verbot bis zu Raucherzonen und Lounges

Die SBB testen in Basel, Nyon VD und am Bahnhof Zürich-Stadelhofen die Variante eines kompletten Rauchverbots. In Bellinzona gibt es versuchsweise spezielle Raucherzonen auf den Perrons. Und in Neuenburg wird geprüft, ob die Errichtung von Raucherlounges Sinn macht.

«Raucherlounges? Das ist absurd», sagt Rutz zur entsprechenden Test-Variante. «Es geht ja darum, beim Warten am Gleis eine Zigarette zu rauchen.» Die SBB hätten eigentlich andere Herausforderungen, um die sie sich kümmern müssten, so der SVP-Politiker. «Hier wird in einem Bereich Aktivismus betrieben, wo es eigentlich keinen Handlungsbedarf gibt. Die SBB schaffen damit nur künstlich Probleme.»

Lungenliga erfreut

Erfeut über das Pilotprojekt ist man hingegen bei der Lungenliga Schweiz. «Wir sind sehr froh, dass die SBB ein generelles Rauchverbot an Bahnhöfen in Betracht ziehen», sagt Sprecherin und Mitglied der Geschäftsleitung Elena Strozzi.

Elena Strozzi von der Lungenliga Schweiz: «Wir haben uns immer wieder für ein Rauchverbot an Bahnhöfen eingesetzt.»
Foto: lungenliga.ch

«Wir werden immer wieder aufgefordert, bei den SBB diesbezüglich Druck zu machen.» Die Lungenliga sei am Pilotprojekt nicht beteiligt. «Aber wir haben uns mehrfach für ein Rauchverbot an Bahnhöfen eingesetzt.»

Gegen die Einrichtung von Raucherlounges habe sie nichts einzuwenden, sagt Strozzi. «Wir haben nichts dagegen, den Rauchern eine Möglichkeit zum Rauchen zu bieten. Aber das Wichtigste für uns ist, die Nichtraucher zu schützen.»

Geteilte Meinung unter Rauchern

Bei einem Augenschein vor Ort am Bahnhof Zürich-Stadelhofen herrscht sogar unter Rauchern Uneinigkeit: «Ich finde es super, dann werde ich hoffentlich weniger rauchen», sagt Verkäufer John Kimere (22) mit einer Zigarette in der Hand über die Verbotspläne. Pendler Benjamin Essien (20) ist anderer Meinung: «Ich finde es den Rauchern gegenüber unfair.» Informatiker Roger Peronino (40) findet ein Verbot überflüssig und pocht auf «Eigenverantwortung und gesunden Menschenverstand». 

Wann das Pilotprojekt genau startet, ist laut SBB-Sprecher Christian Ginsig noch offen.

Früher, als die Züge noch rot und grün waren

Sie stanken und die Sitze waren immer ein bisschen versiffter und abgewetzter.

Und trotzdem liebte ich die Raucherabteile in Zügen. Als Kind hatten sie etwas Verr(a)uchtes. Und wenn am Wochen­ende Ausflügler die grünen SBB-Nichtraucherabteile verstopften, fand man in den roten Raucherabteilen stets einen Sitzplatz.

Dann, im Jahr 2005, setzten sich die Gesundheitsapostel durch und der ÖV wurde clean. 12 Jahre sind das nun her, aber es fühlt sich an wie eine Ewigkeit. Und genauso wie man sich heute nicht mehr vorstellen kann, dass Rauchen auch in Flugzeugen oder Restaurants normal ist, wird sich auch das Verbot an den Bahnhöfen definitiv durchsetzen.

Thomas Benkö, stv. Chefredaktor BLICKch

Sie stanken und die Sitze waren immer ein bisschen versiffter und abgewetzter.

Und trotzdem liebte ich die Raucherabteile in Zügen. Als Kind hatten sie etwas Verr(a)uchtes. Und wenn am Wochen­ende Ausflügler die grünen SBB-Nichtraucherabteile verstopften, fand man in den roten Raucherabteilen stets einen Sitzplatz.

Dann, im Jahr 2005, setzten sich die Gesundheitsapostel durch und der ÖV wurde clean. 12 Jahre sind das nun her, aber es fühlt sich an wie eine Ewigkeit. Und genauso wie man sich heute nicht mehr vorstellen kann, dass Rauchen auch in Flugzeugen oder Restaurants normal ist, wird sich auch das Verbot an den Bahnhöfen definitiv durchsetzen.

Thomas Benkö, stv. Chefredaktor BLICKch

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