Den Handschlag vermeiden, im öffentlichen Verkehr eine Maske tragen und Abstand halten: Was längst surreal wirkt, rückt derzeit wieder in den Fokus. Denn: Die Corona-Zahlen in der Schweiz steigen massiv an. Viele Schweizer bleiben derzeit dem Arbeitsplatz fern. Kinder fehlen in der Schule.
Bereits Anfang des Monats befürchtete der oberste Kantonsarzt Rudolf Hauri (63) einen deutlichen Anstieg der Zahlen im November. «Es ist der Anfang einer kleinen Welle. Aus den Spitälern hören wir, dass wieder mehr Menschen mit oder wegen Corona hospitalisiert werden. Auch auf den Intensivstationen gibt es wieder Fälle, wobei es sich in der Regel aber um Personen mit relevanten Vorerkrankungen handelt.»
Zusätzlich zu Corona werde auch ein Anstieg anderer respiratorischer Viruslasten, wie dem Rhinovirus erwartet. Dies bestätigt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Dienstag auch gegenüber dem «St. Galler Tagblatt». Bei den Arztkonsultationen wird aktuell am häufigsten Corona nachgewiesen. Danach folgen die Rhinoviren und andere respiratorische Viren. So stellt das BAG fest, «dass in erster Linie die Covid-19-Epidemiewelle steigt».
Mengen im Abwasser fast so hoch wie in jeder früheren Welle
Die Corona-Viruslast im Abwasser ist hoch. Das zeigt sich auch im Monitoring des Wasserforschungsinstituts Eawag, das in 14 Kläranlagen der Schweiz Virenfragmente von Sars-CoV-2 und seit einem Jahr auch Influenza-Viren sucht. Christoph Ort von der Eawag meint gegenüber dem «St. Galler Tagblatt»: «An den vier Standorten Altenrhein, Chur, Laupen und Zürich sehen wir einen doch sprunghaft anmutenden Anstieg, je nach Standort um Faktor 2 bis 5.»
Nach dem aktuellsten Update vom 5. bis zum 7. November seien die Mengen im Abwasser nun fast überall so hoch wie in jeder früheren Welle, mit Ausnahme der zweiten Omikron-Welle, die überall höher gewesen sei, sagt Ort.
Laut Daten des BAG ist die am häufigsten verzeichnete Corona-Untervariante derzeit XBB. Auch die Varianten Eris und Pirola kommen vor. «Eris entwickelt sich stetig weiter», sagt Forscher Richard Neher von der Universität Basel. Die Variante Pirola, BA.2.86, nimmt laufend zu, ist aber in den meisten Teilen der Welt noch selten. «BA.2.86 könnte aber im Laufe des Winters dominant werden», sagt er weiter. Die Dominanz sage zwar etwas über das Verbreitungspotenzial einer Variante aus, biete aber wenig Aufschluss über die Symptome, die sie verursacht.
Und was ist mit der Grippe?
Laut Stefan Kuster, Chefarzt Infektiologie am Kantonsspital St. Gallen, sei die Situation in den Spitälern nicht vergleichbar mit jener zu Beginn der Pandemie. «Bei den Hospitalisierungen zeigt sich, dass die allermeisten leicht erkrankt sind.»
Die saisonale Grippewelle ist im Gegensatz zu Corona noch nicht gestartet. Sie dürfte die Anzahl der Krankmeldungen in Schweizer Betrieben zusätzlich in die Höhe treiben.
Hauri empfahl bereits Anfang November, einfache Massnahmen durchzuführen: «Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um eine Maske zu tragen. Jetzt, zu Beginn der Virensaison, hat sie noch den besten Effekt.» Wenn die breite Masse angesteckt sei, nütze sie weniger. Hauri empfiehlt das Maskentragen besonders in Innenräumen und bei Menschenansammlungen. (ene)
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