Die Solidarität mit den Ukrainerinnen und Ukrainern ist hierzulande gross. Allein bei der Glückskette sind seit dem Kriegsausbruch letzte Woche über sechs Millionen Franken an Spendengeldern zusammengekommen. Bei Caritas kommen im Minutentakt Geldbeträge an, so dass sie ihre finanzielle Hilfe innerhalb weniger Tage auf drei Millionen erhöhen konnte. Es ist die Stunde der Spender und Spenden. Doch welche Art von Hilfe ist jetzt sinnvoll? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Welche Schweizer Organisationen sind jetzt gefragt und wie helfen sie konkret?
Die Schweizer Partnerorganisationen der Schweizer Spendensammelorganisation Glückskette – die Caritas, das Schweizerische Rote Kreuz und Helvetas – sind momentan in den Grenzgebieten zur Ukraine aktiv. Dort kommen am meisten Flüchtlinge an. Die Hilfswerke arbeiten mit den dortigen Organisationen, teils auch vom Roten Kreuz, zusammen. Vor Ort werde geschaut, was es dringend brauche, sagt Fabian Emmenegger, Sprecher der Glückskette: «Die Ukrainer und Ukrainerinnen brauchen in den nächsten Wochen Nahrungsmittel, Notunterkünfte, Hygieneartikel und teilweise auch medizinische Versorgung.»
Wie viel meines Spendengeldes gelangt effektiv zu den Leidtragenden?
Die Glückskette sagt: Es wird genau überprüft, wie die Gelder verwendet werden und welche Wirkung sie erzielen. «Für diese Qualitätsabsicherung und Nachverfolgung benötigen wir maximal fünf Prozent des Spendenbetrags. Meistens jedoch weniger», sagt Emmenegger.
Soll ich Möbel und Kleider spenden?
Die Hilfsorganisationen sind zurückhaltend. Marit Neukomm von Volunteers for Humanity sagt zu Kleiderspenden: im Moment besser nicht. Die polnische Grenze werde bereits mit Kleidern überschwemmt. «Organisationen vor Ort haben uns explizit gesagt: Sammelt im Moment keine Kleider.» Wenn man bei ihnen trotzdem welche spenden wolle, dann lieber nur Thermowäsche, Wollsocken, Winterjacken und Kappen. Ähnlich sieht es die Caritas. Sie nimmt vorübergehend keine Sachspenden an. Kommunikationsleiterin Elisabeth Karagiannis sagt: «Die Koordination von Sachspenden ist sehr zeitintensiv, ihr Transport aus der Schweiz teuer und würde die unmittelbare Nothilfe verzögern». Deshalb konzentriert sich das Hilfswerk im Moment darauf, langjährige Partnerorganisationen direkt vor Ort mit Geldspenden zu unterstützen – wie Caritas Ukraine oder Caritas Polen. Zu einem späteren Zeitpunkt schliesst die Caritas Sach- und Kleiderspenden aus der Schweiz nicht aus.
Was passiert mit diesen Geldspenden?
Sie werden für das eingesetzt, was die betroffenen Menschen in der Ukraine und den Grenzgebieten im Moment am meisten brauchen. Wenn die benötigten Hilfsgüter nicht bereits in Lagern bereitstehen, werden sie je nach Bedarf direkt in den Nachbarländern der Ukraine eingekauft. Karagiannis von der Caritas sagt: «Sie können dort viel günstiger beschafft werden, und das unterstützt auch gleich die lokale Wirtschaft.»
Und wenn ich doch ein paar Dinge spenden möchte?
Volunteers for Humanity organisiert am 5. März eine Sammelaktion für Ukraine-Flüchtlinge. Marit Neukomm sagt: «Gesucht sind aktuell Wolldecken, gewaschene Schlafsäcke, saubere Isomatten oder Artikel wie Feuchttücher, Windeln, Damenbinden, Shampoo oder Zahnbürsten.» Die Spenden werden mit dem Verein Remar und der Osteuropahilfe direkt an die ukrainische Grenze gebracht.
Soll ich medizinische Hilfsgüter spenden?
Nein. Volunteers for Humanity zum Beispiel fragt dafür direkt und ausschliesslich Spitäler und Arztpraxen an.
Ganz generell: Wann ist beim Spenden Vorsicht geboten?
Natürlich hat es auch solche, die die Situation ausnützen. Fabian Emmenegger von der Glückskette rät, Folgendes zu prüfen: «Verfügt die Organisation über langjährige Erfahrung? Kennt sie den Kontext? Berichtet die Organisation transparent über die Spenden und die Mittelverwendung? Veröffentlicht sie einen Jahres- und Finanzbericht? Ist die Organisation von externer Stelle zertifiziert? Hat sie beispielsweise das Zewo-Siegel?»
Immer mehr Unternehmen sammeln ebenfalls. Wer macht was?
Die Swisscom sammelt in allen Shops alte Smartphones und Handys zugunsten der Nothilfe von SOS Kinderdorf in der Ukraine. Der erzielte Ertrag wird vollumfänglich gespendet – und von Swisscom verdoppelt. In Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz führte der Verband Schweizer Privatradios (VPS) am Mittwoch einen nationalen Spendentag durch und sammelten über eine Million Franken. Und Pharmariesen wie Roche und Novartis gaben gerade bekannt, dass sie mit Geld- und Arzneimittelspenden von bis zu drei Millionen Dollar helfen wollen.
Kann ich auch vor Ort helfen?
Derzeit nicht. Profis wie die Caritas und das Rote Kreuz schicken selber nur Fachleute wie zum Beispiel Logistiker zu den Grenzgebieten. Und dort sind bereits viele Angehörige der dortigen Rot-Kreuz-Organisationen im Einsatz. Die Freiwilligen werden zum Beispiel in Erster Hilfe oder in der Durchführung von Evakuierungen geschult. Besser, du machst dich in der Schweiz nützlich.
Wie kann ich Geflüchtete bei mir aufnehmen?
Wer Menschen bei sich zu Hause oder in der Ferienwohnung aufnehmen will, kann das ohne weiteres und ohne Anmeldung tun – allerdings nur, wenn die Unterbringung kostenlos ist. Wer dagegen ein Zimmer untervermietet, muss das der örtlichen Polizei melden. Ukrainerinnen und Ukrainer sind aktuell bei Aufenthalten in der Schweiz bis zu 90 Tage von einer Visumspflicht befreit. Ohne biometrischen Pass brauchen sie allerdings ein Visum. Für die Zeit nach den 90 Tagen sucht der Bundesrat derzeit eine Lösung.
Hier kannst du dich melden, wenn du jemanden aufnehmen willst: Basler Organisation «Gastfamilien für Flüchtlinge GGG – Stichwort Ukraine» via Telefon (075 413 99 65). Ukraine-Anlaufstelle des Kantons Zürich, per Mail (ukraine@sa.zh.ch) und via Telefon (043 259 24 41). Campax, eine private Bürgeraktion: www.campax.org.
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