Das meint BLICK zum Doppeladler-Jubel
Zwei Herzen, aber richtige Schweizer

Die Doppeladler-Geste von Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri war ein klarer Fehler. Doch nur mit dem Moralfinger auf sie zu zeigen, ist zu billig. Noch verfehlter ist es, ihnen die Zugehörigkeit zur Schweiz abzusprechen.
Publiziert: 25.06.2018 um 11:27 Uhr
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Aktualisiert: 25.01.2019 um 16:14 Uhr
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Stein des Anstosses: Granit Xhaka macht beim Ausgleichstreffer gegen die Serben den Doppeladler-Jubel.
Foto: Keystone
Guido Schätti
Guido SchättiStv. Chefredaktor BLICK

Nein, intelligent war die Doppeladler-Geste von Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri bei ihrem Torjubel nicht. Und ja, eine Entschuldigung der beiden wäre angebracht, eine allfällige Sanktion der Fifa fraglos zu akzeptieren.

Dennoch: Nur mit dem Moralfinger auf die Spieler zu zeigen, ist billig. Ihnen die Zugehörigkeit zur Schweiz abzusprechen, sogar ein Eigengoal.

Die Schweiz ist nun mal eine multikulturelle Gesellschaft. Nicht erst heute, sondern in ihrem tiefsten Kern. Die Schweiz ist eine Willensnation, vier Kulturen mit unterschiedlichen Sprachen haben sich zu diesem Gebilde mitten in Europa zusammengeschlossen. 

Schon im 19. Jahrhundert, verstärkt aber nach dem Zweiten Weltkrieg prägten Einwanderer die Schweiz. Das zeigt sich nirgends so stark wie im Fussball. Denn der grüne Rasen steht auch jenen offen, die sonst keinen Stammplatz in der Gesellschaft finden.

Zuerst waren es eingebürgerte Italiener und Türken, welche die Nati aus der fussballerischen Biederkeit hoben, heute sind es Spieler mit albanischen Wurzeln, morgen solche mit afrikanischen. Dass die Herkunftsländer wechseln, zeigt, dass die Integration funktioniert. Die Kinder der Italiener, die einst auf den Fussball setzten, haben heute gut bezahlte Dienstleistungsjobs.

Dieses Erfolgsmodell müssen wir hegen und pflegen. Dann wird es mit den albanischen Einwanderern gleich gehen. Das ist schlecht für den Fussball, aber gut für die Gesellschaft.

Aber wir müssen akzeptieren, dass die erste und zweite Generation zwei Herzen in der Brust haben. Heimat lässt sich nicht abstreifen wie das Trikot nach dem Spiel. Schon gar nicht, wenn diese nicht freiwillig, sondern aus politischen Gründen verlassen wurde.

Niemand hat dies besser erkannt als Nati-Captain Stephan Lichtsteiner. Vor ein paar Jahren schwadronierte er noch von «richtigen» und «falschen» Schweizern. In Gesprächen mit den geflohenen Vätern seiner Mitspieler hat er sich nun davon überzeugt, dass diese richtige Schweizer sind.

Ausgerechnet ihm droht nun ebenfalls eine Sperre, weil er sich in der Hitze des Gefechts zum Doppeladler hinreissen liess. Das wäre bitter, aber Erkenntnis hat nun mal ihren Preis.

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