Als ein Mann (26) einer Mutter mit zwei Kindern (5 und 7) auf dem Trottoir entlang der Orpundstrasse in Biel begegnet, schubst er die drei Passanten auf die Strasse. In diesem Moment kommt ein BMW angerollt. Der schafft es gerade rechtzeitig, eine Vollbremsung zu machen. Dass es an jenem regnerischen Tag während des Feierabendverkehrs nicht zu einem schweren Unfall kommt, gleicht einem Wunder.
Der gebürtige Afghane musste sich am Dienstag für die Tat im Dezember 2021 vor dem Regionalgericht in Biel verantworten, schreibt die Bieler Zeitung «Ajour». Der Vorwurf: versuchte schwere Körperverletzung und versuchte vorsätzliche Tötung. Schliesslich hätte dieser Unfall tödlich enden können.
Der BMW-Fahrer sagte aus, er hätte grosse Angst gehabt, die Kinder und die Frau überfahren zu haben. Er hätte gar nicht ausweichen können, denn auf der Gegenfahrbahn fuhr bereits ein Bus. Der Fahrer sei nach der Vollbremsung ausgestiegen, um sich zu vergewissern, dass es den Passanten gut geht. Währenddessen habe der Beschuldigte geflucht und wild gestikuliert. «An diesem Ort und um diese Uhrzeit ist es ein Wunder, dass nichts passiert ist», sagt der Busfahrer, der dem BMW-Fahrer entgegenkam, vor Gericht aus.
Mann attackierte Übersetzer im Gericht
Weshalb war der Mann an jenem Tag so ausgerastet, dass er Mutter und Kinder mit voller Wucht auf die Strasse stiess? «Ich habe nur jemanden zur Seite geschoben und dann ist es blöd gelaufen», übersetzt ein Mann, wie der Beschuldigte auf Farsi den Tathergang beschreibt. Er sei kein gewalttätiger Mensch, beteuert er. Doch zu einer zweiten Befragung kommt es nicht, denn nach der Pause wird der Afghane in Handschellen abgeführt. Der Grund: Er trat seinem Übersetzer gegen das Bein. «So etwas habe ich auch noch nie erlebt», sagt ein Anwalt zu der ganzen Sache.
Der Afghane war nicht vorbestraft. Er lebte bereits sieben Jahre in der Schweiz und hatte bis zu dem Vorfall einen Job. Laut psychologischem Gutachten leide der Mann an einer Alkoholsucht, die derzeit im Vollzug im Regionalgefängnis Thun behandelt wird. Auch zum Tatzeitpunkt an jenem Dezember hätte er unter Alkoholeinfluss gestanden, war aber laut Gutachten in der Lage, die Gefahr zu erkennen.
Folgen hätten schlimm sein können
Für die Staatsanwaltschaft ist klar, dass diese Tat hart bestraft werden muss. Vor allem, da zwei Kinder involviert waren. «Jeder weiss, was er bewirken kann, wenn er jemanden mit Wucht auf die Strasse stösst», sagt die Staatsanwältin. Drei Menschen hätten tödlich verletzt werden können. «Das darf nicht unbestraft bleiben», sagt ein anderer Anwalt. Am Freitag wird das Urteil bekannt gegeben. (jwg)