Als die Forschenden den Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern Thermoelektroden auf den Armstumpf legten, erwarteten sie Informationen darüber, wo sie die Elektroden am Stumpf spürten und ob sie warm oder kalt waren. Die Versuchspersonen fühlten die Temperatur jedoch nicht am Armstumpf, sondern an der fehlenden Hand. Die Forscherinnen und Forscher nannten dieses Konzept in der am Donnerstag im renommierten Fachblatt «Science» veröffentlichten Studie «thermisches Phantomempfinden».
Begeistert waren davon nicht nur die Forschenden, sondern auch die Studienteilnehmerinnen und-teilnehmer. «Es war das erste Mal seit 20 Jahren, dass ich mit meiner Phantomhand tatsächlich die Wärme einer anderen Person spüren konnte. Es fühlte sich an, als würde jemand meine fehlende Hand berühren», sagte Roberto Renda, der an der Studie teilgenommen hatte, zur EPFL. «Es ist, als hätte ich eine Verbindung zu jemandem.»
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der EPFL und der Scuola Superiore Sant'Anna in Pisa (I) führten solche Tests mit 27 Personen durch. Bei 17 unter ihnen kam es zu thermischen Phantomempfindungen. Eine bestimmte Stelle auf dem Armstumpf projizierte dabei jeweils die Temperatur auf einen bestimmten Teil der Phantomhand. Welche Stelle welchem Teil der Phantomhand zugeordnet werden konnte, war dabei bei jedem Patienten einzigartig.
«Besonders wichtig ist dabei, dass die Patienten die Phantom-Wärmeempfindungen auf die gleiche Weise wahrnehmen wie mit ihrer intakten Hand», erklärte Studienautor Solaiman Shokur in der Mitteilung der EPFL. Und dies gelang. Die Patientinnen und Patienten konnten fühlen, ob ein Gegenstand heiss oder kalt ist - und sie konnten erkennen, ob sie Kupfer, Kunststoff oder Glas berührten.
Mit diesen Informationen bauten die Forscherinnen und Forscher aus Lausanne neuartige Prothesen. Diese bestehen aus einem Sensor, der die Temperatur an den Fingerspitzen der Prothese misst, und einer Thermoelektrode, die das Gefühl am amputierten Arm nachahmt. In einem nächsten Schritt sollen die Wärmeempfindungen verfeinert und in ein Gerät integriert werden, das an jeden Patienten angepasst werden kann, schliesst die EPFL.
(SDA)