Skirennfahrer Daniel Yule (26) erinnert sich noch genau an den 1. Januar dieses Jahres. Als er am City Event im norwegischen Oslo in den Zielraum einfährt, wird er von Schweizer Fahnen, Jubel und Glockengeläut empfangen. Eine schöne Überraschung, weit weg von der Heimat. Beschert von sieben Schweizer Fans, die mit ihrer Ausgelassenheit alle Blicke auf sich ziehen.
Ihr Jubel ist für immer verstummt. Nur Tage nach dem Rennen zerschellt das Auto der Schweizer auf dem Heimweg an einem 90-Tonnen-LKW in der Nähe des Ortes Kiruna in Nordschweden (BLICK berichtete). Sie waren in der polaren Dunkelheit in einer Kurve auf einer Landstrasse mitten im Nirgendwo auf die Gegenfahrbahn geraten. Ausgerechnet in dem Moment, als ein Minen-Fahrzeug entgegenkam. Sechs der sieben Freunde sind sofort tot. Nur Ilja B.* (24), der zum Unfallzeitpunkt schlief, überlebt wie durch ein Wunder.
«Wir haben ein paar Kuhglocken organisiert»
Am Mittwoch veröffentlichte das schwedische TV einen Dok-Film, der den Horror-Crash aufarbeitete. Im einstündigen Film werden auch Bilder der glücklichen Adelbodner am Rennen von Daniel Yule gezeigt. Sequenzen der jungen Männer, wie sie zusammen stehen, lachen, feiern. Nichtsahnend, dass sie nie mehr nach Hause kommen werden.
BLICK hat sich die Szenen mit dem Schweizer Ski-Star angeschaut. «Es ist einfach ungerecht», sagt er fassungslos.
Ilja B., der einzige Überlebende des Horror-Unfalls, kommentiert im Film die nur wenige Sekunden dauernde Szene mit einem bitteren Lächeln im Gesicht: «Wir haben ein paar Kuhglocken organisiert», sagt er. Am Anfang hätten sich die Norweger wegen des Lärms noch gewundert. «Aber mit der Zeit fanden sie es lustig.» Es sei aber «cool» gewesen, ein bisschen Schweizer Kultur zu zeigen.
«Schwer zu glauben, dass Gott das so wollte»
Der überlebende Ilja B. findet Trost im Glauben an Gott. Wie seine verstorbenen Freunde gehört er einer Freikirche an. Bei Skirennfahrer Daniel Yule lösen die Bilder der jubelnden jungen Männer, die ihr ganzes Leben noch vor sich hatten, jedoch das genaue Gegenteil aus. «Wenn man solche Geschichten hört, ist es schwer zu glauben, dass Gott das so wollte», erklärt er. Und fügt resigniert an: «In so einem tragischen Fall stellt man sich natürlich sehr viele Fragen. Ich glaube, die kurze Antwort ist, dass es keine Gerechtigkeit gibt.»
Als Sportler habe er aber lernen müssen, mit der Unsicherheit zu leben, dass jederzeit etwas passieren kann. «Ich hatte schon oft grosses Glück auf der Strasse, aber auch im Skizirkus.» Angesichts solcher Tragödien sei es aber «egal, ob ich ein Hundertstel schneller oder langsamer fahre». Man solle einfach das Glück geniessen, das man hat.
Auch Ilja B. muss für sich eine Möglichkeit finden, sein Leben wieder aufzunehmen, wieder so etwas wie Glück zu empfinden. Es dürfte ein langer Weg sein.
* Namen der Redaktion bekannt