Guten Tag Herr Koch. Wie haben Sie reagiert, als Sie von der Kommunikationspanne des BAG erfahren haben?
Daniel Koch: Es liegt nicht an mir, über Meldungen des Bundesamts für Gesundheit zu urteilen.
Trotzdem: Auch, als Sie noch für das BAG gesprochen haben, kam es zu einigen Pannen. Gibt es dort strukturelle Probleme?
Fehler können immer passieren. Es gehört zu den Aufgaben des Gesundheitsamts, die Bevölkerung zu informieren. Das haben wir immer nach bestem Wissen und Gewissen getan.
Die Bevölkerung braucht derzeit ein Gesundheitsamt, dem sie vertrauen kann. Gerade, weil die Fallzahlen wieder steigen. Haben Sie eine solche Entwicklung erwartet?
Diesbezüglich kann man keine Erwartungen haben, es gibt zu wenige Elemente und Prognosen dafür. Aber die Zahlen sind unter Kontrolle und solange können wir beruhigt in den Herbst und Winter gehen.
Für die Wintermonate erwarten Sie also noch stärker steigende Zahlen?
Ja. Im Herbst und Winter gibt es auch andere respiratorische Viren. Damit wird es schwieriger, einzelne Covid-Fälle zu entdecken und die Chance ist grösser, dass die Situation entgleist. Darum muss man jetzt dafür sorgen, dass man vorbereitet ist.
Wer muss dafür sorgen und wie?
Wir alle. Ärzte, das BAG, die Kantone, Unternehmen, der öffentliche Verkehr. Einerseits muss geschaut werden, dass sich so wenige Menschen wie möglich anstecken. Vor allem aber muss man schnell wissen, wann jemand angesteckt worden ist.
Da gibt es noch Steigerungspotenzial?
Ich denke schon. Alle können sich verbessern. Die Menschen müssen sich schneller testen lassen. Wenn Ärzte einen Anruf erhalten, müssen sie dem Patienten nicht sagen, er solle erst kommen, wenn sich Symptome verstärken. Entscheidend ist zu erfahren, ob der Patient das Virus hat. Vorsorge ist in der jetzigen Phase das Wichtigste.
Dafür eignen sich auch Masken. Sind Sie dafür, die bestehende Maskenpflicht auszuweiten?
Ob das sinnvoll ist, weiss ich nicht. Falls Experten und Studien zu diesem Schluss kommen, dann auf jeden Fall. Aber es bringt auch nichts, Menschen etwas aufzuzwingen, für das sie nicht bereit sind. Ich stelle mir eher vor, dass beispielsweise Händehygiene stärker beworben wird. Beispielsweise könnten Desinfektionsapparate im öffentlichen Verkehr aufgestellt werden.
Diese Tage kam auch die Diskussion auf, ob eine Impfpflicht eingeführt werden soll.
Diese Diskussion dünkt mich viel zu früh. Ein Impfstoff kommt wahrscheinlich erst nächstes Jahr. Wenn es früher ist, freut mich das. Aber derzeit sieht es so aus, dass wir auf einen Winter ohne Impfstoff zusteuern. Darum müssen wir alles daran setzen, eine zweite Welle zu verhindern.
Wie passt da der Entscheid des Bundesrats dazu, Grossveranstaltungen ab 1000 Personen wieder zu erlauben?
Das geht sehr gut. Es ist sogar besser, Grossveranstaltungen zu erlauben. Solange man sie kontrollieren kann. Wenn man weiss, wer mit wem in Kontakt stand, mache ich mir da keine Sorgen. Derzeit steigen die Zahlen auch, obwohl Grossveranstaltungen nicht erlaubt sind. Die dürften also nicht das Problem sein.
Aber Contact-Tracing-Teams sind teilweise jetzt schon überfordert, wenn 300 Leute in einen Club gehen und es dort einen Superspreader-Fall gibt.
Natürlich muss man Ressourcen aufstocken. Und irgendwann kommt der Punkt, an dem kein Tracing mehr gemacht werden kann. Aber davon sind wir noch weit entfernt. Derzeit geht es wie gesagt darum, Fälle frühzeitig zu erkennen, schnell zu testen und zu informieren. Das muss sich alles einspielen, bevor eine mögliche zweite Welle kommt.
Sie denken also, einen erneuten Lockdown auszurufen, macht keinen Sinn?
In der derzeitigen Situation macht das überhaupt keinen Sinn, genau.