In Schweizer Schulzimmern herrscht akuter Lehrermangel. Hauptgründe: Die Lehrkräfte der Babyboomer-Generation gehen in den Ruhestand, und es fehlt an allen Ecken und Enden an Nachwuchs. Alleine im Kanton Bern werden in diesem Sommer 400 Lehrerinnen und Lehrer pensioniert. Andernorts, etwa im Tessin, werden Fachkräfte wie Deutschlehrer gesucht – 15 von ihnen werden dort händeringend benötigt.
«Der Personalnotstand hält schon seit Jahren an», sagt Dagmar Rösler (49), Präsidentin des Dachverbands der Schweizer Lehrerinnen und Lehrer (LCH) zu Blick. «Wir befürchten einen Qualitätsabbau an den Schulen, wenn Leute angestellt werden müssen, die nicht entsprechend ausgebildet sind.»
Stress, fehlender Respekt und Corona
Es klemmt an vielen Orten. So gaben in einer kürzlich erschienen Umfrage 87 Prozent aller Lehrpersonen an, unter starkem psychischem Druck zu stehen – zuletzt mitunter auch wegen Corona. «Es ist ein toller, anspruchsvoller Beruf mit grosser Verantwortung. Aber man steht als Lehrperson auch von vielen Seiten unter Druck», sagt Rösler dazu.
«Der Mangel hat in meinen Augen auch damit zu tun, wie in der Gesellschaft über Lehrerpersonen gesprochen wird. Es fehlt in letzter Konsequenz auch an Wertschätzung», so die höchste Lehrerin der Schweiz. Der Respekt von Schülern und Eltern sei in den letzten Jahren immer weiter gesunken bei gleichzeitig stetig steigenden Aufgaben, die die Schule zu übernehmen hat.
Boom an Fachhochschulen kann Mangel nicht ausgleichen
Trotzdem ist die Anzahl der Studierenden an den Pädagogischen Hochschulen in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, auch viele Quereinsteiger konnten für den Lehrerberuf gewonnen werden. Doch: «Der Bestand an den Hochschulen reicht nicht aus, um die Babyboomer zu ersetzen», sagt Dagmar Rösler.
Die Politik tut sich mit dem Thema Lehrermangel und den entsprechenden Rahmenbedingungen schwer. Insbesondere die aktuelle Pensionierungswelle war schon vor zehn und mehr Jahren absehbar und kommt nun alles andere als überraschend.