Cadenazzo TI im Aufruhr
Puff-Zoff im Tessin!

Bordell-König Massimo Marchetti will eine «Erotik-Oase» bauen. Drei Stockwerke auf 2000 Quadratmetern Boden, und das im Gewerbegebiet. Aber auf das neue Sexparadies freut sich nicht jeder in Cadenazzo.
Publiziert: 22.08.2014 um 19:15 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 22:31 Uhr
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«Unsere Kinder müssten jeden Tag am Bordell vorbeigehen.» Kelly (26) und Davide Ricchina (45)
Foto: Yvonne Leonardi
Von Myrte Müller

Zoff im Eldorado der Bordelle. Vier Nachtclubs hat die 2280-Einwohner-Gemeinde Cadenazzo TI schon. So viele wie kein anderes Dorf im Tessin. Jetzt soll ein weiterer hinzukommen: schöner, grösser, moderner. Gleich hinter dem Bahnhof. Und ganz nach dem Geschmack des Kantons. Denn das neue Puff soll im Gewerbegebiet entstehen, wie es das Prostitutionsgesetz vorschreibt.

Drei Stockwerke auf 2000 Quadratmetern Boden hat Bordellkönig Massimo «Max» Marchetti (34) für seine «Erotik-Oase» geplant. Dafür verlässt der gebürtige Italiener den alten Club Hollywood am Dorfrand, der den dortigen Anwohnern ein Dorn im Auge ist.

Die Anwohner laufen Sturm

Auch auf das neue Sexparadies freut sich nicht jeder in Cadenazzo. Die Anwohner des künftigen Millionenprojekts laufen gegen den geplanten Liebestempel Sturm.

Emilio Brenn (61) wuchs jenseits der Schienen auf. «Früher gab es hier nur Wiesen, Kühe und die Häuser unserer Grosseltern», sagt der Chemielehrer. «In den 70ern wurde die Gegend zum Gewerbegebiet umgezont. Seit 30 Jahren erstreiten wir unsere Rechte. Eines haben wir erreicht: Im Gewerbegebiet ist Nachtarbeit verboten. Hier darf gar kein Bordell stehen. Wir werden durch alle Instanzen marschieren und den Bau verhindern.»

Hausfrau und Nachbarin Carla Caccia (58) sagt: «Man weiss ja, was da für Leute kommen. Die trinken, benutzen meinen Garten als öffentliche Toilette, stopfen mir Präservative und WC-Papier in den Briefkasten. Unzumutbar!»

«Hier geht es immer nur um Geld»

Auch Baldo Ricchina (81) blickt skeptisch auf die ausgesteckten Bauprofile. «Ein Puff gegenüber von meinem Hof? Eine absurde Idee!» Sohn Davide Ricchina (45), Bauer wie sein Vater, schimpft: «Hier geht es immer nur um Immobilien und Geld. Um das Wohlergehen von uns Bürgern schert sich niemand.»

Seine Ehefrau Kelly (26) macht sich Sorgen um ihre zwei Kinder (15 Monate und 4 Jahre): «Die Schule ist nur 300 Meter entfernt. Wenn die Kinder grösser werden, laufen sie jeden Tag direkt am Bordell vorbei.»

Rentnerin Nilde Marielli (74) fürchtet, dass «das Etablissement Verkehrslärm und Musik mit sich bringt. Ich werde nachts nicht mehr schlafen können.»

Puffbesitzer will «Recht und Ordnung»

Viel Hoffnung macht Vize-Gemeindepräsident Arnaldo Caccia (60) den Bürgern nicht: «Gegen das neue Bauprojekt ist kaum etwas einzuwenden. Es liegt im Gewerbegebiet und ist somit gesetzeskonform. Das Gemeindeamt wird am Montag entscheiden.»

Puffbesitzer Marchetti wehrt sich: «Seit 20 Jahren steht das Hollywood im Wohngebiet. Jetzt ziehe ich mit meinen Mädels in die Gewerbezone.» Er wolle nur Recht und Ordnung, Steuern zahlen und keinen Ärger. «Wird mein alter Club geschlossen und mir ein neuer verwehrt, werden die Dirnen in Privatwohnungen arbeiten müssen. Und das will doch sicher niemand.»

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