Ein Gasballonflug von Bad Zurzach im Kanton Aargau über die Alpen bis nach Venedig: Das wäre die im Juni 2011 geplante Reiseroute des Piloten gewesen. Seit Donnerstag muss sich der Mann vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona verantworten.
Denn statt die Adriaküste zu erreichen, schlug der Ballon mit drei Personen im Korb in den frühen Morgenstunden in Fisibach auf, zwölf Kilometer von Bad Zurzach entfernt. Der Pilot und einer der Insassen, ein Mann aus dem Kanton Zürich, wurden dabei verletzt. Der zweite Passagier, ein Mann aus dem Kanton Zug, verstarb am Unfallort.
Dem heute 74-jährigen Piloten werden fahrlässige Tötung, fahrlässige Gefährdung durch die Luftfahrt und Störung des öffentlichen Verkehrs vorgeworfen. Er hat in der Zwischenzeit sein Gasballon-Brevet abgegeben, nach 600 Fahrten.
Die Schweizerische Unfalluntersuchungsstelle kam 2013 zum Schluss, dass der Absturz aus einer Höhe von rund 3000 Metern auf einen Pilotenfehler zurückzuführen sei. Diesen Standpunkt vertrat am Donnerstag auch die Bundesanwaltschaft.
Sie forderte eine bedingte Geldstrafe von 61‘200 Franken bei einer Probezeit von zwei Jahren für den pensionierten Sekundarlehrer. Er soll zudem eine Busse von 5000 Franken zahlen. Erschwerend sei zu berücksichtigen, dass der Angeklagte keine Schuld eingestanden habe und bis heute keine Reue zeige.
Bei der Bewertung der Schuldfrage vor Gericht spielte der sogenannte Füllansatz des Gasballons eine zentrale Rolle. Die Anklage warf dem Piloten vor, dass er den Füllansatz während der gesamten Fahrt geschlossen gehalten und so die Ballonhülle zum Platzen gebracht habe. Damit habe er seine Sorgfaltspflicht verletzt und fahrlässig gegen die Vorschriften des Ballonherstellers gehandelt, so die zuständige Staatsanwältin.
Der Pilot hatte dieses Argument bereits in den Vorfragen zu entkräften versucht: Er habe insgesamt 42 Mal die Alpen in einem Gasballon überquert, sagte er vor Gericht. Solche Fahrten stellten eine «Sondersituation» dar, da der Ballon nicht ganz mit Wasserstoffgas gefüllt werde.
Der Füllansatz sei «halb geöffnet» gewesen, da ansonsten die Gefahr bestanden hätte, dass Sauerstoff in den Ballon gelangt wäre, führte der Angeklagte aus. So wiederum hätte sich hochexplosives «Knallgas» bilden können.
Die Bundesanwaltschaft wollte dies nicht gelten lassen: Nur beim Absinken werde der Füllansatz geschlossen, um ein Eindringen von Sauerstoff zu verhindern. Alle modernen Ballons seien ausserdem so beschichtet, dass keine Zündfunken entstünden und eine Knallgasexplosion unwahrscheinlich sei.
Die Bundesanwaltschaft stützte ihre Argumentation auf ein Gutachten, das zusätzlich zum Bericht der Schweizerischen Unfalluntersuchungsstelle in Deutschland angefertigt wurde. In der Schweiz seien alle Gasballon-Experten mit dem Angeklagten zumindest bekannt, sagte die Staatsanwältin dazu.
Der Verteidiger sah «gänzlich falsche und unberechtigte Anschuldigungen» gegen ihren Mandanten. Technische Mängel könnten als Unglücksursache nicht ausgeschlossen werden.
Der Ballon sei zwei Wochen vor der Unglücksfahrt längere Zeit in der prallen Sonne und im gefüllten Zustand in einem Zürcher Stadion gestanden. Der Platzwart sei am Abflugort für das Material verantwortlich und der Pilot erst ab dem Moment, da der Ballon den Boden verlasse.
Der Verteidiger bestritt zudem, dass der Pilot den Tod des Passagiers direkt verursacht habe. Dieser sei an einem «akuten Herzversagen» gestorben. Er vermutete vor Gericht, dass das Trauma und der Stress durch den Absturz bei dem Mann Herzrhythmusstörungen ausgelöst haben könnten.
Der Anwalt forderte deshalb einen vollumfänglichen Freispruch für seinen Mandanten, da dieser durch den Tod eines «guten Bekannten» und die Rufschädigung als Pilot genug bestraft sei. Das Urteil wird am (morgigen) Freitag eröffnet.