Das sagte Fraktionschef Ignazio Cassis (TI) am frühen Dienstagabend vor den Medien im Bundeshaus. Ob die FDP Norman Gobbi (TI), Thomas Aeschi (ZG) oder Guy Parmelin (VD) zum Nachfolger von Eveline Widmer-Schlumpf wählt, ist noch offen. «Wir haben uns noch nicht auf Namen festgelegt und brauchen noch Zeit», sagte Cassis.
Denn bis zu den Bundesratswahlen am 9. Dezember dauere es noch eine Woche, und es könnten noch neue Informationen dazukommen. In den Augen der Fraktion sei die Dreierliste der SVP kein Diktat, sondern eine Möglichkeit zur Auswahl. Zu den Hearings gab Cassis kaum Einzelheiten preis.
Mit Aeschi sei über dessen Unabhängigkeit vom SVP-Chefstrategen Christoph Blocher gesprochen worden, mit Gobbi über dessen erst kurze Zugehörigkeit zur SVP. Parmelin habe etwas weniger heikle Fragen gestellt bekommen. Alle drei Kandidaten hätte jeweils einige Fraktionsmitglieder überzeugt und andere nicht.
Auch der CVP mussten die Kandidaten Rede und Antwort stehen. Es sei viel über Kollegialität, Menschenrechte und Rechtsstaat diskutiert worden, sagte Fraktionschef Filippo Lombardi (TI). Die Fraktion sei aber der Auffassung, dass es «wählbare Personen» auf dem Ticket gebe. Um wen es sich handelt, sagte Lombardi nicht. Die CVP-Fraktion entscheidet in einer Woche, wem sie ihre Stimme geben will.
Ob für die CVP auch ein nicht nominierter Kandidat infrage käme, liess Lombardi offen. Doch er sagte, die CVP halte es für wünschenswert, dass die SVP die Ausschlussklausel streiche. Heute sehen die Statuten vor, dass SVP-Mitglieder, die ohne Nomination der Fraktion eine Wahl in den Bundesrat annehmen, automatisch aus der Partei ausgeschlossen werden.
Weder die BDP noch die GLP lassen sich bereits in die Karten blicken. Auch die GLP hat die Kandidaten am Dienstag angehört. Die Grünliberalen entscheiden und kommunizieren aber erst nächste Woche, wie Fraktionschefin Tiana Angelina Moser auf Anfrage erklärte.
Bei der BDP gab es etwas mehr Informationen: «Wir haben im Sinn, einen der drei Kandidaten zu wählen», sagte Parteipräsident Martin Landolt nach den Hearings. Definitiv entschieden werde am kommenden Dienstag. Auch eine Stimmfreigabe sei eine Option. Klar sei nur, dass die BDP keinen Kandidaten aufstellen werde. «Das wäre lächerlich», sagte Landolt.
Kandidat Aeschi sprach gegenüber Journalisten von «sehr fordernden und interessanten Hearings». Diese seien in einer guten Atmosphäre verlaufen. Zu seinen Wahlchancen wollte sich der Zuger Nationalrat nicht äussern. Laut Parmelin stellten die Fraktionen sehr «präzise Fragen». Für ihn seien vor allem die Fragen auf Englisch schwierig gewesen.
Auch die SP-Fraktion will Hearings mit den drei Kandidaten durchführen. Das hat sie ebenfalls am Dienstagnachmittag beschlossen. Die Anhörungen finden in einer Woche statt, am Tag vor den Bundesratswahlen.
Anders als die übrigen Fraktionen hatte die SP ihr Vorgehen noch nicht festgelegt. Dass die Kandidaten angehört werden, begründete Fraktionschef Roger Nordmann (VD) nach der Sitzung mit den «Gepflogenheiten im Haus». Man müsse die Kandidaten anhören, um sie beurteilen zu können, sagte er.
An ihrer Sitzung formulierte die SP-Fraktion nun auch Bedingungen, die ein Bundesrat ihrer Meinung nach erfüllen muss: Ein Mitglied der Landesregierung müsse sich zu den Menschenrechten und zur Europäischen Menschenrechtskonvention bekennen, das Recht auf Asyl achten und konstruktive Beziehungen zu Europa anstreben, heisst es in einer Medienmitteilung.
Unabhängigkeit, Integrität und Respekt vor anderen Meinungen seien notwendige Voraussetzungen für das Funktionieren einer Kollegialregierung. Auf diese Eigenschaften will die SP-Fraktion die drei Kandidaten in den Hearings prüfen. Sie hört nächste Woche auch Walter Thurnherr an, den Kandidaten der CVP für das Amt des Bundeskanzlers.
Die Grünen haben beschlossen, mit keinem der drei SVP-Kandidaten Hearings durchzuführen, weil sie keinen SVP-Kandidaten wählen wollen. Dagegen hörten sie Thurnherr an. Er werde zur Wahl empfohlen, sagte Balthasar Glättli (ZH).